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Bilder aus der Naturgeschichte / herausgegeben von einem Vereine von Lehrern
Entstehung
Seite
73
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83. Die Tulpe.

An der Pflanze, welche wir Tulpe nennen, bemerken wir nach unten zu einen rundlichen Körper, aus dem ſich nach oben hin ein Stengel mit einer Blume und die grünen Blätter erheben. Das ift die Zwiebel. Machen wir durch dieſelbe einen Schnitt von oben nach anten, fo ſehen wir am untern Rande einen flachen, runden Körper, den Zwiebelkuchen, aus welchem ſich eine Menge von Blättern erheben, die feſten Häuten gleichen und ſich gegenſeitig umſchließen. Man nennt fie wohl die Zwebel­ſchalen. Diefelben find nach innen zu fleiſchlg, dic und weißlich, während die äußeren dünner werden und e n üg gefärbt ſind. Machen wir einen Schnitt quer durch die Zwiebel, ſo liegen die Häute wie Kreiſe um einen Mittelpunkt ö Die Tulpe hat alſo eine häutige Zwiebel. Aus

dem Zwiebelkuchen erhebt ſich ferner der Stengel, welcher ſaftig, glatt,

rund und grün iſt und die Länge von 0,25 Meter erreichen kann. Da er

wenig oder meiſt gar keine Blätter trägt, ſo nennt ihn der Pflanzenkundige Er hat auf ſeiner ö. e immer nur eine Blüthe; da­P

einen Schaft. her{ft die Tulpe eine einblüthige Pflanze. Die Blätter umgeben den Schaft; fie haben keinen Stiel und find daher ungeſtielt oder ſitzend. Der Form nach find fie lanzettförmig, weil fie einem Inftrumente des Arztes gleichen, welches Lanzette heißt. Da der Rand des Blattes keine Einſchnitte hat, fo{ft daz Blatt ganzrandig. Der ganzen Länge nach gehen durch das Blatt gleichlaufende Streifen; das ſind die Blattnerven. Die Tulpe hat alſo parallelnervige Blätter. Die Blüthe befteht aus fechs ges färbten Blättern, von denen drei mehr nach außen, drei nach innen ſtehen. Sie bilden zuſammen die Form einer Glocke und umſchließen ſechs Fäden, welche im Kreiſe ſtehen und ſchwarze Körper tragen. Dieſe enthalten Blumenſtaub und heißen deshalb Staubbeutel. Ihre Träger werden Staubfäden genannt. Das Ganze aber heißt Staubgefäß. Jun der Mitte derſelben fteht ein dreikantiger Körper, der einen dreitheiligen Hut trägt. Das{ft der Stempel oder das Pifftill, und zwar t der oberfte Theil die Narbe, der langgeſtreckte der Fruchtknoten. Aus ihm entfteht ſpäter die Frucht, die wir jetzt ſchon als kleine weiße Körnchen in ihm er­blicken können, wenn wir ihn behntſam durchſchneiden. Die Tulpe blüht im Freien im Mai, doch kann ſte durch Wärme viel früher dazu getrieben werden. Nach dem Blühen verwelken die Blätter, wir aber bewahren die Zwiebel auf, um im nächſten Jahre eine neue Pflanze daraus hervorkgmmen zu ſehen. Zwiſchen den Zwiebelſchalen befinden ſich häufig die Brut­zwiebeln. Die Tulpen, die bei uns vorkommen, find nur ſehr ſelten wild, ſondern fie gehören zu der Gattung der Gartentulpen, welche der Nature forſcher Conrad Gesner aus Zürich zuerſt beſchrieb. Er lebte um 1550.

84, Die Schlüſſelblume.

Dieſelbe heißt auch Primel oder Himmelsſchlüſſelchen, weil ſie als eine der erſten Blumen uns gewiſſermaßen den Frühlingshimmel aufſchließt, wo­zu fie ihrer ſchönen Seflalt und goldgelben Farbe nach recht geeignet iſt. Die Wurzeln der Primel find faſerlg. Sie entſpringen aus dem unter der Erde liegenden Theil des Stengels, der hier Wurz? lftock heißt. Aus dieſem gehen nach oben der Schaft und die Blätter. Der erſtere iſt ſtiel­