Heft 
Sonderheft 1, Zeitbilder: Zwei Fragmente von Theodor Fontane "Sidonie von Borcke" und "Storch von Adebar"
Seite
12
Einzelbild herunterladen

Abtissin in Kloster Pudagla katholisch erzogen worden, dann kam sie an den protestantisch- gcwordnen Herzogs-Hof, hatte viel Verkehr mit berühmten Geistlichen, hörte berühmte Prediger, und zugleich kehrten die jungen Herzoge aus Frankreich zurück und brachten Lebensart und feine Sitte und Kunst und Dichtung und Musica mit. Das alles hatte Einfluß gewonnen, mischte sich mit ihrer leidenschaftlichen und gewalttätigen Natur und ließ sie mitunter fein, klug, künstlerisch, gesittet erscheinen. Und außerdem, so freigeistig[?] sie war, so abergläubisch war sic.

Entwurf. Gang der Erzählung in Kapitel-Überschriften. 19

1. Der Praepositus meldet an.

2. Sie kommt selbst.

3. Die Wendin. Das Kind. Die Katze.

4. Parteibildungen. - Strenge in der Klosterzucht.

5. Leibarzt Kniephof.

6. Kneiperei.

7. Weihnachtsheiligabend. Das Kind.

8. Die Fuchsjagd im Januar. Verknickt. Transport ins Kloster.

9. Die alte Wolde.

10. Die alte Wolde, als erste Beraterin. »Den müten wi dod beden.« Quacksalbereien. Schönheitsmittel. »Den setten winen (Kiep) Pagel 20 mit Düwels up sine Deel. Dann kümmt he nah Huus und stött den Kurb um in dem sin se rut und he hott sc int Huus.« »Ach, das ist ja Unsinn.« »Ja, Unsinn mak et woll sinn, awers et helpt.« Opposition gegen den Klosterpförtner, der petzt, etc.

11. Archidiakonus Eustachius Staalkopp 21 kommt ins Kloster als Prediger Sie hat ihn her­angezogen. Sie wirft ein Aug auf ihn. Vertrauliche Gespräche. »Geistliche müssen unver­heiratet sein. Das haben die welschen Päpste wohl gewußt. Haben sic die Weiber, so haben sie das Haus. Und wer selber ein Haus hat, der verliert den Einfluß. Deshalb hab ich Euch gewählt.«

Er lächelt, dankt, ist verwundert.

»In diesen Stücken halt ich es mit der alten Lehre. Im andern halt ich es mit dem Luther, mit der Rechtfertigung durch den Glauben. Die Sünde ist nicht weg zu schaden, vielleicht soll sie nicht fortgeschafft werden, vielleicht brauchen wir sie und Gott selber braucht sie, daß diese Erde lebt und besteht wie sie ist. Aber dafür haben wir die Reue; das gibt die Sühne. So halt ich es. Es ist viel erlaubt, wenn viel bereut wird. Und da ist eine Wechsel­wirkung. Wer am tiefsten sündigt, bereut am tiefsten. Und aus der tiefsten Reue blüht das Heil.«

Sie sah ihn mit ihren großen schwarzen Augen an. Er begegnete ihr, aber sie sah wohl, daß der Pfeil abgeprallt war. Er entgegnete ernst, artig, bestimmt, superior Beide wußten woran sie waren. 22

12. Sie gerät in einen Koller. Und wiederholt ihre Versuche. Dieselbe Ablehnung. Höchste Wut. Sie tut noch etwas, woran er und das ganze Kloster den höchsten Anstoß nimmt. Sie sagt ihm jetzt ein Liebesverhältnis mit »Schwester Anna« nach. Berichtet darüber nach Stettin.

13. Sie will zum Abendmahl gehn. Er verweigert es ihr. Große Szene.

14. Sie beruft die Konventualinnen zusammen und ihn vor die Schranken. Sie rechnet auf

Am Rand ßlcistiftvcrmerk: (Gilt!)

20 Darüber: Kurb

21 Darüber: Wcddin

22 Nachträglich eingefügt: Hier vielleicht das Kapitel, wo der Herzog und die Herzogin zum Besuch kom­

men, was ihr momentan wieder Oberwasser gibt.