kai über 2000 Einwohner zählt, kann man ermessen, wie hoch der Prozentsatz ist, den die Aussätzigen von der Bevölkerung bilden.
Geld ist im Lande wenig verbreitet und die Kanaka niederen Standes sind daher meistens sehr arm. Sie bezahlen ihre Bedürfnisse mit Naturalien und Leistungen, leider auch zuweilen mit der Immoralität ihrer Frauen und Töchter. Ich habe Gelegenheit gehabt, einem Mittagessen beizuwohnen, zu welchem mich ein junger Kanaka, der mit mir auf einem Schiffe diente, einlud. Mutter und Schwester des jungen Mannes wohnten in einem kleinen hölzernen Gebäude in der Stadt. In einem geräumigen Hofe standen dort etwa 6-8 solcher Hütten, alle einstöckig und ohne Verzierung. Fenster waren nicht darin. Die einzige Öffnung zur Einlassung des Lichtes und zur Auslassung des Rauches und der Dünste bildete die Tür. Der Boden war mit geflochtenen Kokosmatten bedeckt; eine ebensolche bedeckte die Bcttlage. Ein alter Stuhl und ein noch älterer Tisch vervollständigten das Meublement. Unsere Gerichte bestanden aus einem sauren Brei und einem gebratenen Ferkel. Ersterer, Jassopoy genannt, wird hergcstellt aus der geriebenen Tarrowurzel, die zu einem Brei verrührt, nach einigen Stunden einen säuerlichen, recht angenehmen Geschmack annimmt. Das Ferkel war in einer mit heißen Steinen belegten Grube gebraten. Dazu genossen wir ein aus Gewürzen bereitetes Bier. Messer und Gabeln kennt der Kanaka nicht; die Speisen und selbst der Poy (Brei) wird mittels des Zeige- und Mittelfingers zum Munde geführt, wobei der Kanaka eine solche Gewandtheit entwickelt, wie kaum der Chinese mit seinen Eßstäbchen. Ich muß gestehen, daß mir das einfache Diner nicht schlechter mundete, als ein kunstreich bereitetes im Contincntal-Hotel von San Francisco. Es waren prächtige Leute, diese Kanaka, wie die meisten ihres Volkes, und ich fühlte mich unter ihnen heimisch, da wir uns auch englisch genügend verständigen konnten; denn in der kanakischcn Sprache habe ich es nicht über die gebräuchlichsten Worte und über die zehn ersten Zahlen: r acahi, 2 alua, 3 acollo, 4 aha, 5 alcma, 6 aonno, 7 ahego, 8 ahiva, 9 avallo und 10 aumi gebracht.
Übrigens gibt es unter den etwa 4000 auf den Sandwichsinseln lebenden Weißen, die allerhand Gewerbe treiben, auch echte und wirkliche Bierbrauer. Abseits von der Straße bei der Stadt, am Fuße der steil aufsteigenden Felswände, lag noch im Jahre 1865, im Grünen versteckt, eine Brauerei, welche im kleinen Stile von einem Deutschen, einem Baicrn aus Oberfranken, betrieben wurde. Dort habe ich oft mit meinen Freunden geweilt. Tausend und aber tausend Meilen vom Festlande und meiner Heimat entfernt, auf einer einsamen Insel des Ozeans, erquickten wir uns dort an dem erfrischenden Gerstensaft. Er wurde uns kühl aus den in die Felsen gehauenen Kellern, wenn auch nicht auf Eis und in Gläsern, wenn auch nicht geeichten Krügen verzapft, war aber darum nicht minder trefflich. Ich habe manche trauliche Stunde dort im felsigen Grunde verlebt und der fernen Heimat gedacht. Als ich im November jenes Jahres wieder nach Honolulu kam, wollte ich auch diesmal meinen lieben Landsmann besuchen; allein es sollte nicht sein. An einem Sonntag Abend stand der Himmel in Flammenschein - die Brauerei brannte. Als wir, meine Freunde und ich, so eilig wir es vermochten, mit der Hafenspritze am Platze anlangtcn, fanden wir keine Arbeit mehr, das Werk der Vernichtung war geschehen und nichts mehr zu retten.
Die Kanaka sind ein gutmütiges und ehrliches Völkchen, aber überaus abergläubisch. Derselbe junge Kanaka, an dessen Tisch ich einst speiste, Tom mit Namen, war mit mir auf dem Schiff in eine Wacht eingcteilt. Er war, wie alle seine Landsleute, dunkelbraun, vollkommen bartlos, aber sonst ein hübscher, großer Bursche und, nachdem ich erst seine Zuneigung gewonnen, überaus mitteilsam. Da derselbe schon etliche Jahre als Seemann gedient hatte, so weihte er mich in die Geheimnisse des Schiffsdienstes ein und ich habe von ihm, da er ein tüchtiger Matrose war, vieles und mit Leichtigkeit gelernt. So aufgeweckt Tom sonst war, so war er doch über die Maßen abergläubisch und glaubte in dem Leuchten der Quallen des Meeres die Anwesenheit abgeschiedener oder in der Ferne weilender Verwandten zu erkennen, wie überhaupt die Kanaka die Meerfische als Körper ansahen,