Teil eines Werkes 
1 (1912) Sagen
Entstehung
Seite
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19. Wie Jüterbog seinen Namen erhielt.

Als die Stadt Jüterbog fertig gebaut worden war, wußte man nicht, welchen Namen man ihr geben sollte. Kopfschüttelnd stand die junge Bürgerschaft auf dem Marktplatz und sann und ratschlagte hin und her. Endlich beschloß man, hinaus vors Tor zu gehen und abzuwarten, bis jemand käme. Nach diesem wollte man dann die Stadt benennen. So geschah es denn auch. Nicht lange sollte es währen, da schritt eine Krügersfrau namens Jutte durch das Tor. Ihr zur Seite aber folgte meckernd ihr weißer Lieblingsbock. Fröhlich und guter Dinge kehrte die Bürgerschaft nun wieder heim, malte einen kräftigen, weißen Ziegenbock in das Wappen der Stadt und nannte sie fortan Jüterbog.

August Trinius.

20. Die Keule am Tore zu Jüterbog.

An einem der Tore von Jüterbog hängt eine Keule mit der Inschrift:

Wer seinen Kindern gibt das Brot

und leidet dabei selber not,

den schlag' man mit dieser Keule tot."

Es war nämlich einmal ein reicher Mann, der gab seinen Kindern schon bei Lebzeiten all sein Geld, weil er hoffte, sie würden desto besser zu ihm sein und nun nicht auf seinen Tod warten. Es kam aber gerade umgekehrt: keiner kümmerte sich mehr um ihn. Da bereute der alte Mann seine Verkehrtheit und härmte sich so, daß er bald starb.

Als er nun tot war, kamen seine Kinder schnell auf das Ge­richt gelaufen; denn sie dachten, in einer Kiste, die der Vater noch immer gehabt hatte, wunder was zu finden. Sie war ihnen auch immer so schwer vorgekommen. Ms die Kiste aber geöffnet wurde, war sie nur voller Steine, und unter diesen lag eine Keule und eine Verordnung, daß man die Keule solle mit obiger In­schrift an dem Tore der Stadt aufhängen. Das ist denn auch geschehen, und da hängt sie noch.

Wilhelm Schwartz (Sagen der Mark Brandenburg).

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