Teil eines Werkes 
1 (1912) Sagen
Entstehung
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21. Der Schmied zu Jüterbog.

Zu Jüterbog lebte einmal ein Schmied, der war ein gar frommer Mann. Zu dem kam eines Abends noch ganz spät ein Mann, der gar heilig aussah, und bat ihn um eine Herberge. Nun war der Schmied immer freundlich und liebreich zu jeder­mann, nahm daher den Fremden auch gern und willig auf und bewirtete ihn nach Kräften. Andern Morgens, als der Gast von dannen ziehen wollte, dankte er seinem Wirte herzlich und sagte ihm, er solle drei Bitten tun, die wolle er ihm gewähren. Da bat der Schmied erstlich, daß sein Stuhl hinter dem Ofen, auf dem er abends nach der Arbeit auszuruhen pflege, die Kraft be­käme, jeden ungebetenen Gast so lange auf sich festzuhalten, bis ihn der Schmied selbst loslasse; zweitens, daß sein Apfelbaum im Garten die Hinaufsteigenden gleicherweise nicht herablasse; drittens, daß aus seinem Kohlensacke keiner herauskäme, den er nicht selbst befreite. Diese drei Bitten gewährte auch der fremde Mann und ging darauf von dannen. Nicht lange währte das nun, so kam der Tod und wollte den Schmied holen. Der aber bat ihn, er möge doch, da er sicher von der Reise zu ihm ermüdet sei, sich noch ein wenig auf seinem Stuhle erholen. Da setzte sich denn der Tod auch nieder, und als er nachher wieder auf­stehen wollte, saß er fest. Nun bat er den Schmied gar sehr, er möge ihn doch wieder befreien. Allein der wollte es zuerst nicht gewähren; nachher verstand er sich dazu unter der Bedingung, daß er ihm noch zehn Jahre schenke. Das war der Tod gern zu­frieden. Der Schmied löste ihn, und nun ging er davon.

Wie nun die zehn Jahre um waren, kam der Tod wieder. Da sagte ihm der Schmied, er solle doch erst auf den Apfelbaum im Garten steigen, einige Apfel herunterzuholen, sie würden ihm wohl nach der weiten Reise schmecken. Das tat der Tod, und nun saß er wieder fest. Jetzt rief der Schmied seine Gesellen herbei, die mußten mit schweren, eisernen Stangen gewaltig auf den Tod losschlagen, daß er ach! und wehe! schrie und den Schmied flehentlich bat, er möge ihn doch nur frei lassen, er wolle ja nie wieder zu ihm kommen. Wie nun der Schmied hörte, daß der Tod ihn ewig leben lassen wollte, hieß er die Gesellen einhalten und entließ jenen von dem Baume. Der zog glieder- und lenden­lahm davon und konnte nur mit Mühe vorwärts.