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1 (1912) Sagen
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24. Auf dem Kapellenberge.

Steil über dem idyllischen, zwischen See und Wald ge­betteten Dorfe Blankensee ragen aus der westlichen Spitze der Glauer Berge noch heute die bemoosten Feldsteinruinen einer alten Kapelle, von dunklen, schwermütigen Kiefern umstanden, einsam empor. Aus dem 14. oder 15. Jahrhundert stammend, hat nach dem Hereinbrechen der Reformation das kleine Gottes­haus, das sicherlich außer dem Bilde eines Heiligen oder der Gebenedeiten keine prunkvolle Ausschmückung jemals besaß, ein­sam und verlassen gestanden und ist dann allmählich zerfallen.

Aber je mehr die Trümmerhaufen sich erhöhten, um so mehr auch wuchs die Sage von den stillen Ruinen droben, und sie ging geschäftig von Haus zu Haus und klopfte an alle Türen der Dörfer ringsum, und wie es dann die Mten sich seit Menschen­gedenken erzählten, so raunen es sich auch heute noch die Jungen ins Ohr und blicken, wenn der Abend von dem Berge müde nieder zum Grössin-See steigt, wohl scheu empor, ob sich zwischen den Trümmerhaufen wieder die zuckenden, blauen Flämmchen zeigen, dort, wo ein gewaltiger, herrlicher Schatz für immer vergraben liegt. Noch keiner hat ihn freilich gehoben, wie oft und wie viele auch hingezogen sind zur Geisterstunde, um beherzt den Zauber zu brechen. Daß aber ein Schatz da oben ruht, das steht bei allen Landleuten fest.

Ging doch einmal ein Mann aus Blankensee gegen Abend an den Ruinen eben vorbei, als er plötzlich zwischen dem Gemäuer einen großen Haufen gekochter Krebse liegen sah. Verdutzt blieb er stehen. Dann trat er näher und griff beherzt ein paar heraus, die er nun einsteckte, um sie seiner Frau mitzunehmen. Doch wie groß war seine Überraschung, als er, zu Hause angekommen, sie aus der Tasche zog und mit Heller Freude statt der Krebse jetzt die schönsten, blitzenden Goldstücke in der Hand hielt. Oft­mals ist er dann noch hingewandert, aber nur einmal ist ihm das Glück hold gewesen.

Gold hat keiner wieder droben gefunden. Aber ein alter Schäfer wußte noch mehr von dem geheimnisvollen Spuk in den Kapellenruinen zu erzählen. Das war um Mittag, just als die Sonne so recht prall auf dem Grössin-See unten lag, da zog er mit seiner weidenden Herde über den Berg, und wie er an der