stets großes Gewicht legte. Ein ernstes Augenleiden, das ihn im Winter 1893 befiel, vermochte seine rastlose Fortarbeit kaum zu unterbrechen. Mit großer Aufopferung half ihm seine Gattin mit Vorlesen und Maschinenschreiben. Sein mündlicher und schriftlicher Vortrag hat durch die Nötigung zu noch strengerer Konzentration nur gewonnen. Cohens Lehrwirksamkeit wuchs beständig, und so wurde etwa feit der Jahrhundertwende Marburg ein auch von Ausländern gern ausgesuchter Hauptsitz des philosophischen Studiums. Eine Schar zum Teil bedeutender Schüler ging aus dem seit 1900 bestehenden Seminar hervor. Es wurde üblich von einer „Marburger Schule" zu sprechen. Zum 70. Geburtstag (1912) wurde Cohen eine Festschrift von 20 seiner gereiften Schüler und Freunde, eine weitere von angesehenen jüdischen Gelehrten in und außer Deutschland dargebracht. Cohen ließ sich nun von seinen akademischen Verpflichtungen entbinden, um, nach Berlin übergesiedelt, nicht etwa der Ruhe zu pflegen, sondern, neben starker Schriftstellertätigkeit, noch regelmäßig philosophische Vorlesungen und Übungen an der dortigen jüdisch-theologischen Lehranstalt zu halten. Im Oktober 1915 konnte er das 50. Dok- torjubiläum feiern. Am 4. April 1918 ist er in Berlin gestorben, am 7. April auf dem jüdischen Friedhof zu Weißensee begraben. Eine Trauerfeier wurde in der Kantgesellschaft zu Berlin am 10. Mai gehalten. Die von Prof. Natorp dort gehaltene Gedächtnisrede, die in den Vorträgen der Kantgesellschaft erscheinen wird, behandelt eingehender, als es in gegenwärtiger Schrift geschehen konnte, Cohens philosophisches System. Eine kurze bei der Trauerfeier in Weißensee gehaltene Ansprache ist in dem ganz Cohen gewidmeten Sonderheft der "Neuen jüdischen Monatshefte", 10./25. Mai 1918, gedruckt. Weniges daraus ist in die gegenwärtige Rede ausgenommen worden.
Cohens Hauptwerke sind im Vortrag schon genannt worden; eine nach Möglichkeit vollständige Bibliographie ist vorbehalten. Die sehr zahlreichen religiösen und religionsphilosophischen Veröffentlichungen sind wohl erschöpfend in dem genannten Sonderheft der N. jüd. Monatshefte zusammengestellt. Ein umfassenges Werk über die Religion des Judentums ist fertig gedruckt. Aus dem handschriftlichen Nachlaß werden einige kleinere Arbeiten noch zu veröffentlichen sein. Eine Herausgabe von Vorlesungen namentlich über nicht im "System" behandelte Gebiete, wie Geschichte der (alten und neueren) Philosophie und Psychologie, wird ins Auge gefaßt. Frühere Hörer, die sich im Besitz einigermaßen vollständiger und genauer Kollegnachschriften befinden, werden gebeten, solche an Prof. Natorp in Marburg oder Prof. Cassirer in Berlin zu schicken. Sie würden, auch soweit sie sich nicht zum Druck eignen, mit dem handschriftlichen Nachlaß Cohens in einem zu begründenden Cohen-Archiv aufbewahrt werden.