176 Ackerbau, Viehzucht, Forſtwirthſchaft.
Beſonders begünſtigt iſt die Einführung der neuen Wirthſchafts-Methoden durch die nahe Lage des Kreiſes zu Berlin , wodurch der Abſatz der landwirthſchaftlichen Produkte, ſowie der Bezug großer Düngermaſſen ſehr erleichtert iſt.
Im ſüdlichen, über 3 Meilen von Berlin entfernten Theile des Kreiſes ſind die Wirthſchaften mit Viehaufzucht überwiegend.
Die friſchmilchenden Kühe werden faſt ausſchließlich nach Berlin und nach den in der Nähe Berlins belegenen Ortſchaften vortheilhaft verkauft, die Ochſen werden dagegen zumeiſt nach der Provinz Sachſen abgeſetzt.
In dieſen Wirthſchaften ſpielt die Erzeugung von Milch eine mehr nebenſächliche Rolle.
In der dreimeiligen Umgebung der Hauptſtadt bilden dagegen die reinen* Friſchmilchwirthſchaften, mit und ohne Zufuhr ſtädtiſchen Düngers, die Mehrzahl.
In dieſen Wirthſchaften werden friſchmilchende Kühe angekauft, auf 8 bis 10 Liter heruntergemolken und dann im gemäſteten Zuſtande— durch intenſive Fütterung erreicht— dem Fleiſcher verkauft. e
Das leitende Wirthſchafts-Prinzip iſt hier, Milcherzeugung im Großen für Berlin . Die vielen im Kreiſe beſtehenden Brennereien, die zahlreichen und umfangreichen Brauereien in Berlin ſowie vor den Thoren Berlins , ferner die ſtädtiſchen Rieſelfelder unterſtützen einen derartigen Wirthſchaftsbetrieb, in hohem Maße, indem von dort Abfälle, Gras und Futterrüben in großen Maſſen bezogen werden können.
Dieſe Friſchmilchwirthſchaften ſchaffen zum Theil auch große Maſſen Dünger aus Berlin heran.
In dem dreimeiligen Umkreiſe von Berlin befinden ſich auch Wirthſchaften, die nur Spannvieh und kein Nutzvieh halten, ſogenannte viehloſe Wirthſchaften.
Die Einführung ſolcher viehloſen Wirthſchaften, deren Zahl im Zunehmen begriffen, iſt eine Folge des Sinkens der Preiſe für das Fettvieh und für die Milch(1875 wurden bei 1 bis 2 Meiken Entfernung von der Stadt für das Liter 15 Pfg. frei Stall, heute dagegen nur noch 10 Pfg. gezahlt.
Dieſe viehloſen Wirthſchaften, welche ihre ſämmtlichen Rohprodukte durch Verkauf verwerthen, beziehen den benöthigten Dünger aus den Pferdeeiſenbahn⸗ und Omnibus⸗Depots, den Kavallerie⸗Ställen, ſowie den Viehhöfen und Molkereien;
Die Beſitzer kleiner Wirthſchaften, namentlich ſolcher Wirthſchaften, in denen die einzelnen Familien⸗Mitglieder ſelbſt mitarbeiten, betreiben, veranlaßt durch den großen Bedarf der Reſidenz Berlin an Gemüſe und Gartenfrüchten, jetzt einen lebhaften Gemüſe⸗ und Obſtbau.
Speiſekartoffeln finden ſich auf allen Gütern im Kreiſe und bilden, wo nicht techniſche Betriebe exiſtiren, die Haupt⸗Einnahmequelle.
Der Kreis verdankt ſeine hohe Kultur und ſein landwirthſchaftliches Gedeihen nicht zum geringen Theile der ausgedehnten Anwendung der Gründüngung und der Zwiſchenfruchtkultur. Er iſt in dieſer Beziehung ein glänzendes Beiſpiel für ganz Deutſchland geworden.
Häufig kommen Landwirthe aus entfernten Provinzen in den Kreis, um ſich über dieſe Bewirthſchaftungsweiſe zu informiren.