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nichts gewußt, und eine im hoͤchſten grad rohe lebensahrt gefuͤhret. Und wenn wir fie auf ihren marſchen und zugen, uͤberfaͤllen und eroberungen ſehen: kommen fie uns freilich nicht allzurichtig vor. Allein wann man ſie betrachtet, wo ſie feſten fuß
geefaſſet, und von ihnen nach den erhaltenen
nachrichten und einrichtungen nrtheilet: x fo kommen fie uns ganz anders vor; und
‘von dieſem begrif wird ſehr viel wegfallen. „Zwar kann man nicht eben alles, was TaEcEcitus bon den Teutſchen ſaget, auf unſere GSennoner, Vandalier, Longobarden brin
gen; weil nicht glaublich, daß alle voͤlker. ö. fo zu den Teutſchen gehoren, als
klleſamt einerlei weiſe und ſttten ſollten ges Habt haben: iedoch weil die Semnoner eins
der vornehmſten und maͤchtigſten vöͤlker der Sueven, mithin auch ber Teutſchen ges
veſen: fo iſt doch glaublich, daß das meiſte ‚fe be angehet. 1. Ihren Gottesdienſt betref
fend, ob er ſchon feine fehler gehabt, ſo ſchei
net er doch viel vernuͤnftiger, als der Römer
mUnd Griechen geweſen zu fein, als welche durch auͤſſerliches tempelgepraͤnge den gemeiNen mann nur ſuchten einzunehmen, und das bei von den Goͤttern ihnen den abgeſchmakteſten Begrif machten. Unſere heidniſche borfahren hatten von der unſichtharen Gottheit
ganz andere begriffe, wie deſſen an ſeinem ort wird gedacht werden. 2. Wann wir ſehen, daß unſere Semnoner ihre biehzucht und alker beſtellet, kriege gefuͤhret, dem jagen nachgegangen, ihre tracht und kleidung gehabt, ihre todte an gewiſſe oͤrter verbrannt und bergra;. fo muß man nohtwendig auf einen begriff von ordnung und auf die muhtmaſing gerahten, daß, was von den übrigen Teutſchen geſaget wird, auch fie gelte,
mund fie eine ahrt von ohrigkeit und heraht
ſchlagungen, in ihrer armee fußbolk und reoeuterei, eine kriegs ordnung, ihre Fuͤrſten, Richter und Generale, auch ſolche leute unter ſich muͤſſen gehabt haben, welche mit zubereitung der wafen, werkzeuge, zieraten, kleider, brauen, mahlen, bhakken, viehzucht und dergl. haben wiſſen umzugehen. Das unweit Potſtam in einer urne
gefundene bildnuͤß iſt ein gleichmaͤßiger bes weiß, daß unſere vorfahren, es ſeien Semnoner, Vandalier oder Longoharden, mit dem metalguß, formenſchnitt, zeichnen, haben wiſſen umzugehen. Selbiges hat der Hr. Hofr. Treuer in feiner abhandlung,
Erſter Theil, von der Mark insgemein. Il. Kav.
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46 Anaſtaſis vet. Germ. ſo wie es im guß und in einem ſtuͤk befindlich, und zwei ſich um faſſende manns und frauens perſonen vorſtellet, abzeichnen und in kupfer ſtechen laſſen: und hier iſt es, iedoch auseinander geſezt, vor dieſem 1 Th. ebenfalls befindlich, um daraus die tracht zuſehen, deren ſich unſere alte vorfahren vornehmen ſtandes hedienet.
XII. Bei bisheriger erzehlung hat man ſich mehrentheils aus waͤrtiger Geſchichtſchreiber bedienen muͤſſen, welche oh fie ſchon keine freunde von dieſem volk geweſen, ſie dennoch in vielen ſtuͤkken loben, und inſonderheit ihre kriegeriſche neigungen ruͤhmen. Sollten ſie aber ſelbſt ihre thaten beſchrieben haben: ſo wuͤrden ſie gewiß in einer ganz andern geſtalt erſcheinen; angeſehen die auswärtige Geſchichtſchreiber doch immer mehr auf ihren, als der auslaͤnder ruhm ſehen, inſonderheit wann ſie dieſe als feinde anzuſehen haben; mithin auch nur darum den fremden einigen vortheil und ruhm zugeſtehen, wann ſie dadurch ihrer Landsleute ruhm und tapferkeit erheben wollen; geſtalt es dann den Roͤmern eine ſchlechte ehre würde geweſen fein, wann fie es mit einem Volk zuthun gehabt haͤtten, welches weder an anzahl, noch an muht und tapferkeit einen ſynderbaren vorzug gehabt haͤtte. Man hat inzwiſchen dieſes alles wiewohl in aller kurze mitnehmen muͤſſen bloß zu dem ende, wann die vermuhtung bon den alten Semnonern oder Senonern ſtat haben ſolte, den Einwohnern dieſer Lande zu einem ſonderbahren ruhm gereichen würde, daß ihre alte vorfahren ſo anſehnliche kolonien ausgeſchikket, daß ſie die maͤchtigſte Voͤlker, ſelbſt bie Romer in ſchrekken geſetzet, auch ſelbſt eigene Reiche aufs richten koͤnnen. Hi ſunt, ſagt Diodorus Sic. L. V. qui Roma capta Delphici Apollinis templo ſpoliato magnam Europae partem, non parvam Aliae tributariam fecere. Uhrigens kann von dieſer materie nachgeleſen werden Polybius und Livius c.. Athenaeus L. VI. Piod. Sic. L. XIV am ende; ingleichen der Hr. Abel in den Teutſch⸗Saͤchſiſchen Alterthuͤmern, inſonderheit cap. J. 5. 14. 15. und cap. Ii. §. 7. und was der Herr von Buͤnau und der Hr. Hofr. Masco in ihren bortrefflichen werkeu von dieſem bolk hin und wieder aufgezeichnet.
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