Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
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nichts gewußt, und eine im hoͤchſten grad rohe lebensahrt gefuͤhret. Und wenn wir fie auf ihren marſchen und zugen, uͤberfaͤl­len und eroberungen ſehen: kommen fie uns freilich nicht allzurichtig vor. Allein wann man ſie betrachtet, wo ſie feſten fuß

geefaſſet, und von ihnen nach den erhaltenen

nachrichten und einrichtungen nrtheilet: x fo kommen fie uns ganz anders vor; und

von dieſem begrif wird ſehr viel wegfallen. Zwar kann man nicht eben alles, was Ta­EcEcitus bon den Teutſchen ſaget, auf unſere GSennoner, Vandalier, Longobarden brin­

gen; weil nicht glaublich, daß alle voͤlker­. ö. fo zu den Teutſchen gehoren, als

klleſamt einerlei weiſe und ſttten ſollten ges Habt haben: iedoch weil die Semnoner eins

der vornehmſten und maͤchtigſten vöͤlker der Sueven, mithin auch ber Teutſchen ges

veſen: fo iſt doch glaublich, daß das meiſte ‚fe be angehet. 1. Ihren Gottesdienſt betref­

fend, ob er ſchon feine fehler gehabt, ſo ſchei­

net er doch viel vernuͤnftiger, als der Römer

mUnd Griechen geweſen zu fein, als welche durch auͤſſerliches tempelgepraͤnge den gemei­Nen mann nur ſuchten einzunehmen, und das bei von den Goͤttern ihnen den abgeſchmakte­ſten Begrif machten. Unſere heidniſche bor­fahren hatten von der unſichtharen Gottheit

ganz andere begriffe, wie deſſen an ſeinem ort wird gedacht werden. 2. Wann wir ſehen, daß unſere Semnoner ihre biehzucht und alker be­ſtellet, kriege gefuͤhret, dem jagen nachgegan­gen, ihre tracht und kleidung gehabt, ihre tod­te an gewiſſe oͤrter verbrannt und bergra­;. fo muß man nohtwendig auf einen be­griff von ordnung und auf die muhtmaſ­ing gerahten, daß, was von den übrigen Teutſchen geſaget wird, auch fie gelte,

mund fie eine ahrt von ohrigkeit und heraht­

ſchlagungen, in ihrer armee fußbolk und reoeuterei, eine kriegs ordnung, ihre Fuͤr­ſten, Richter und Generale, auch ſolche leute unter ſich muͤſſen gehabt haben, welche mit zubereitung der wafen, werkzeuge, ziera­ten, kleider, brauen, mahlen, bhakken, viehzucht und dergl. haben wiſſen umzuge­hen. Das unweit Potſtam in einer urne

gefundene bildnuͤß iſt ein gleichmaͤßiger bes weiß, daß unſere vorfahren, es ſeien Sem­noner, Vandalier oder Longoharden, mit dem metalguß, formenſchnitt, zeichnen, haben wiſſen umzugehen. Selbiges hat der Hr. Hofr. Treuer in feiner abhandlung,

Erſter Theil, von der Mark insgemein. Il. Kav.

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46 Anaſtaſis vet. Germ. ſo wie es im guß und in einem ſtuͤk befindlich, und zwei ſich um faſſende manns und frauens perſonen vorſtel­let, abzeichnen und in kupfer ſtechen laſſen: und hier iſt es, iedoch auseinander geſezt, vor dieſem 1 Th. ebenfalls befindlich, um daraus die tracht zuſehen, deren ſich un­ſere alte vorfahren vornehmen ſtandes he­dienet.

XII. Bei bisheriger erzehlung hat man ſich mehrentheils aus waͤrtiger Geſchichtſchrei­ber bedienen muͤſſen, welche oh fie ſchon keine freunde von dieſem volk geweſen, ſie dennoch in vielen ſtuͤkken loben, und inſon­derheit ihre kriegeriſche neigungen ruͤhmen. Sollten ſie aber ſelbſt ihre thaten beſchrie­ben haben: ſo wuͤrden ſie gewiß in einer ganz andern geſtalt erſcheinen; angeſehen die auswärtige Geſchichtſchreiber doch im­mer mehr auf ihren, als der auslaͤnder ruhm ſehen, inſonderheit wann ſie dieſe als feinde anzuſehen haben; mithin auch nur darum den fremden einigen vortheil und ruhm zugeſtehen, wann ſie dadurch ihrer Landsleute ruhm und tapferkeit erheben wol­len; geſtalt es dann den Roͤmern eine ſchlech­te ehre würde geweſen fein, wann fie es mit einem Volk zuthun gehabt haͤtten, wel­ches weder an anzahl, noch an muht und tapferkeit einen ſynderbaren vorzug gehabt haͤtte. Man hat inzwiſchen dieſes alles wiewohl in aller kurze mitnehmen muͤſſen bloß zu dem ende, wann die vermuhtung bon den alten Semnonern oder Senonern ſtat haben ſolte, den Einwohnern dieſer Lande zu einem ſonderbahren ruhm gerei­chen würde, daß ihre alte vorfahren ſo an­ſehnliche kolonien ausgeſchikket, daß ſie die maͤchtigſte Voͤlker, ſelbſt bie Romer in ſchrek­ken geſetzet, auch ſelbſt eigene Reiche aufs richten koͤnnen. Hi ſunt, ſagt Diodorus Sic. L. V. qui Roma capta Delphici Apollinis templo ſpoliato magnam Euro­pae partem, non parvam Aliae tributa­riam fecere. Uhrigens kann von dieſer materie nachgeleſen werden Polybius und Livius c.. Athenaeus L. VI. Piod. Sic. L. XIV am ende; ingleichen der Hr. Abel in den Teutſch⸗Saͤchſiſchen Alterthuͤmern, inſonderheit cap. J. 5. 14. 15. und cap. Ii. §. 7. und was der Herr von Buͤnau und der Hr. Hofr. Masco in ihren bortrefflichen werkeu von dieſem bolk hin und wieder auf­gezeichnet.

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