Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
Seite
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Den vielen Wendiſchen namen der] familien 8 ſo wohl Adel. als Bürgerlichen ſtandes ſie­7 Det, von welchen zu vermuhten, daß fie nachlaſſe der Wendiſchen Nation, aher mit abſtellung der alten gewohnheiten dieſer Nation der Teutſchen ſich einverleiben laſ­ſen, und zwar die alte namen zum zeug­nuͤß dero urſprungs behalten, aher den rechten und gewohnheiten nach als Teut­ſche geachtet, und ihrer gerechtſame theil­haftig worden.

Geſchichtſchreibern angemerket, daß die Mark nunmehro vor 200 Jahren zu den zeiten des Bauernkrieges ums jahr 1525, und hernach des Schmalkaldiſchen krieges Anno 1545. 47.&c. an Einwohnern ſehr zugenommen: indem die benachbarte Pro­vinzen damahls theils wegen der faſt uͤber­all tumult erregenden bauern, theils wegen der kriegestrublen zwiſchen dem Kaiſer und den Schmalkaldiſchen bunds verwand­taen JFuͤrſten in groſſer gefahr gelebet; die Mark hergegen durch das kluge betragen der Churfuͤrſten Joachims des 1. und IL in be: ſtaͤndiger ruhe erhalten worden; weil der Landman ſich in den graͤnzen der bheſchei­denheit und gehorſams gegen feinen Chur­hfuͤrſten und Landes Herrn gehalten; Chur­fuͤrſt Joachim der II. aber mit dem Schmal­kaldiſchen bund nicht wollen zu thun ha­ben. Worzu gekommen, daß Joachim J. die raubereien heftig verfolget, und keine fhfpgefahr weder in, noch auſſer Landes zu be­ſorgen geweſen. Wannenhero ſich die leute mit ihren familien haͤuſig herein begeben: und weil ſie in ſicherheit ihre nahrung fort. ſtetzen konnen, zu einer volkreichen zahl an­ögpewachſen, die auch oh fie wohl von den alten Einwohnern nicht entſproſſen, nichts deſtsweniger denſelhen einberleibet, der ges rechtſamen des Landes faͤhig, und folgends als Maͤrker gehalten worden: gleichwie die kleine ſpringe und c ob fie ſchon anderswo entſpringen, dennoch, wenn ſie ſich in groͤſſere Fluͤſſe ergieſſen, ihr voriges weſen verlieren, und fuͤr einen theil derſel­ben, worzu fie ſich geſellen, gehalten wer: dden. Welches alles denn gewöhntiche ver­ dnderungen fein, fo{ich bei allen boͤlkern N jederzeit zugetragen haben, und ſo lange die welt ſtehet, zutragen werden. Die menſchen haben zwar alle die abficht ihr wohlſein in der welt zu ſuchen, aber nicht alle gleiche begriffe und vorſtellungen dabon, auch nicht alle einerlei wege zu ihrem zwet zu gelangen. Einem gefällt dieſes, jenem

JV. Inſonderheit wird auch bon den(

Erſter Theil, von der Mark insgemein. Ul Kap. 898

ein anders: und was er an einem orte nicht findet, ſolches meinet er anderswo zu ers: halten, ut fons, ut campus, ut nemus placet, wie Tacitus hon den veraͤnderun­

gen der alten Teutſchen wohnungen und

lagerplaͤtze ſchreibet. M. G. C. 16. Wel­che natuͤrliche freiheit auch geſtalten ſachen nach niemand muß gemißgoͤnnet, ſondern nachdem einem jeden die ganze welt offen ſtehet, ihm frei gelaſſen werden, ſein an­theil darinn zu ſuchen. 7 A V. Stellete man nun über die veraͤnde­rung bisher erzehlter voͤlker eine unter ſih­chung ſonderlich in ahſicht auf die ſprachen an: ſo wuͤrde man ein weites feld finden von betrachtungen, welche dieſe wiſſenſchaft erlauͤtern koͤnnten. Unſere Teutſche ſpra­che iſt freilich zum theil mit aus dem Mor­genlande in dieſe gegenden gekommen, und bei den alten Goten oder Geten iſt wohl der erſte ſtam, anſatz oder grund, gleich­ſam als die Mutter, matrix, der Teutſchen ſprache zuſuchen, deren ſich auch die Sue­viſche volker hedienet; wie man dann in den uͤberhleiſelen derſelben noch einige aͤhn­lichkeit und grund wörter findet, ſolche nem­lich, welche ſich auch noch in der Daͤniſchen, Norwegiſchen und Schwediſchen ſprachen befinden, welche mit der Teutſchen aus ſel­biger entſtanden. Wie kommts aber, daß dieſe ſprachen, welche eine Mutter haben, gleichwohl von einander fo verſchieden, und ſo gar viel veraͤnderungen bei ſich haben, welche von der gleichfoͤrmigkeit, der erſten ſprache abgehen? der grund von dieſen allen iſt, daß die ſprachen vom gemeinen mann, oder ſonſt ungelehrten Leuten entſtanden, und in keine gewiſſe verfaſſung nach re­geln gebracht worden. Nun weiß man, was der gemeine Schlendrian noch heut zu tage für ein Tyrann iſt, Quem penes arbitrjum eſt,& ius,

& norma loquendi;. und wie im gemeinen ſprechen und ſchrei­ben{ich redensarten und gewohnheiten mit einſchleichen und mode werden, welche wie­der alle geſunde principia und regeln einer ſprache fein, daß es ſchwehr, auch wohl unmöglich füllt, ſolche wieder abzuſchaffen; weil ſie ſchon gleichſam zur andern natur der ſprache geworden. Geſchiehet dieſes noch zu unſern erleuchteten zeiten: was kann man ſich von den damahligen zeiten, da man keine oder wenigſtens nicht hin­laͤngliche regeln, auch vielleicht keine un­terweiſung gehabt, für regelmaͤßigkeit vor; ſtellen? Freilich iſt man im ſprechen eini­F 3 J