179 dem ganzen Kanton Uri darüber lermen entſtanden, der enge paß bei Urſeln mit 300 mann verwahret, und die gefangene, ſo ſich bis auf 101 mann vermehret, auf anhalten
des Sabvoyiſchen Miniſters, Grafen de Go
von, ihrem Fuͤrſten zugeſchikket worden.
Daß auch noch an einem andern ort nament
lich an dem ufer des Genferſees in dem walde bei Nyon ſich 14 bis 1500 dieſer Leute, worunter iedoch bei 800 vertriebene Franzoſen waͤren, verſammelt, von dar am 15. Aug. an einem damahligen gemeinen Evangeliſchen Behttag in mehrentheils Savyyiſchen ſchiffen abgereiſet, am 16 zu Vyvoire, einem Dyrfe in dem Chablais ſich niedergelaſſen, ferner ihren weg zwiſchen dem Gebürge des Voirons fortgeſetzet, am 26. durch
Salanete ein kleines Staͤtlein in dem aus.
ſigny gezogen, von dannen ſie ins Gebirge gehen, und zu Bramant in dem Thal Morienne anlangen, darauf den kleinen Mont Senis beſteigen, und nach ſolchem den 24 oder 25. in die Piemonteſiſche Thaͤler ein ziehen würden. Sie hätten bei ſich 4 Befehlshaber, acht bagage pferde und geld zur gnuͤge, bezahlten ihre lebensmittel im durchmarſch, naͤhmen Edelleute und Muͤnche zu geiſſeln, welche vor ihnen hergehen müßten; ieder hätte mit ſich einen fuſil oder mous. queton, a piſtolets in dem gürtel geſtelt, ein weidmeſſer, guten degen, 8 pfund kugeln und 2 pfund pulber, und haͤtte Mr. Arnaut vor dem abzug ſie ſaͤmtlich durch ein eifriges gebeht aufgemuntert. Beide dieſe Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. in Religions genoßiſcher ges buͤhr mitzutheilende begebnuͤſſen waͤren von ſolcher wichtigkeit, daß fie dero ausſchlag ohne ferneres hinzuthun der gnaͤdigen und allweiſen regierung des Allerhöoͤchſten ůberlaſſen mußten. Worauf der Churfuͤrſt am 18 Sept. geantwortet: daß es freilich das beſte wurde geweſen fein, wenn gedachte Thalleute die durch ihre der Schweizeriſchen Kantons bermittelung ihnen hin und wieder zuwege gebrachte Freiſtaͤte haͤtten annehmen, und das wo nicht gar ohnmoͤgliche, iedoch überaus ſchwer und gefährliche vorhaben in dem Piemont gegen des Landes Herren willen ſich wieder feſt zu ſetzen, wollen fahren laſſen. Wenn er aber auch an der andern ſeite betrachtete, wie allen Menſchen die begierde ſich in ihrem Vaterlande und an denen orten, woſelbſt ſie und ihre vorfahren von fo langen jahren her gewohnet, auch ferner zu behaupten gleichſam von der natur ſelbſt eingepflanzet; dieſe arme Leute auch mit groſſer gewalt und ohne einziges ihres
Erſter Theil, von der Mark insgemein. Vll. Kap.
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verſchulden aus dem ihrigen berſtoſſen worden: fo fände er dieſes ihr verfahren dergeſtalt beſchaffen, daß, wenn ſelbiges nicht gar entſchuldiget werden konnte, iedoch darunter billig einiges Chriſtliches mitleiden zu tragen waͤre. Er hätte auch deshalb wohl wuͤnſchen mögen, daß in dem Loͤblichen Kanton Uri hierauf etwas wäre geſehen, und die in demſelben aufgefangene Piemonteſer zwar angehalten und entwafnet, aber nicht dergeſtalt, wie geſchehen, in die gewalt ihrer feinde hingegeben worden waͤren; zumahlen leicht zu erachten, daß dieſelbe einen gar betruͤbten proceſs mit ihnen halten, und fie entweder durch des henkers hand elendiglich hinrichten, oder welches noch mehr zu bellagen wäre, durch die bekannte und bisher nur gar zu ſehr hin und wieder gebrauchte quaal und marter, zum abfall und verleugnung der Evangeliſchen wahrheit zwingen wurden. Er zweifle auch nicht, Sie die Kantons wuͤrden dieſes alles, und inſonderheit wozu fie insgeſamt die gemeine Glaubens bekaͤnntnuͤß in dergleichen faͤllen verbinde, von ſelbſt gnugſam hegreifen, und ihrer denen armen Glaubensgenoſſen bisher allwohl ruͤhmlich erwieſenen ſorgfalt nach, auf dieſes weſen alle mögliche aufmerkſamkeit haben, auch ſowohl fuͤr dieſe in dem Kanton Uri aufgefangene Leute, als auch. für die Übrige 1500 mann dergleichen zulaͤngliche huͤlfsmittel und offt cia anwenden, wodurch dieſe arme Leute
gerettet, und von ihrem aͤuſſerſten verder⸗.
ben und untergang befreiet werden mochten.
VI. Ob es nun wohl anfangs einige haͤndel zwiſchen dieſen armen Leuten und den Saboyiſchen truppen gegeben: ſo hat ſich doch nicht lange hernach geaͤuſſert, daß ſolches nicht ohne vorbewußt des Herzogs ge ſchehen; indem er ein mishergnuͤgen über die bezeigungen des Königs von Frankreich gegen ihm geſchoͤpfet; und ſelbigen daher, wiewohl in höͤchſter ſtille, ſelbſt nachgeſehen, auch ihnen einigen zuſchub gethan, und zum wenigſten fie nicht verhindern wollen ihre Thaͤ ler wieder einzunehmen, und ſich von neuen darin feſt zu ſetzen. Wie denn auch zu anfange des Junius 1690. ferner geſchehen, daß er ſich oͤffentlich auf der Alliirten ſeite begeben, und dem König in Frankreich den krieg angekuͤndiget; und ſtrals darauf am 2 Jun. die bisher in der Feſtung zu Turin gefangen gehaltene in den Schloßgarten zu ſich kommen laſſen, mit vermelden, dur was fuͤr urſachen und veranlaſſungen er
‚fie wiewohl wieder feine gemuͤhtsneigung,
contre
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