239 ut hie pene nihil aliud fit vivere, quam comedere& potare. Recht wie Jul Scaliger im ſcherz von den Guascognern ſaget, daß ihr vivere waͤre bibere. Aber zu des Trithemius zeiten war die Mark nicht wegen angebohrner faulheit der Einwohner, ſondern wegen derſelben durch vorhergegangene langwierige kriegeriſche zeiten berurſachten wenigkeit, an vielen orten noch unbebauet, und noch damahls mit raubereien ſehr beunruhiget, daß Churfuͤrſt Joachim l. nicht gnugſam ſteuern und wehren köͤnnen, auch noch zur zeit kein groſſer anſchein, daß ſie ſich vermehren wuͤrden; weil wegen un
ſicherheit des Landes niemand ſich bon an
dern orten herein wagen wollen. Die wenig verhandene ſelbſt beides Buͤrger und Bauern verfielen in kleinmuͤhtigkeit und verzweifelung, folgends in nachlaͤßigkeit, weil fie nicht wußten, was und wie lange fie das ihrige behalten würden, machten ſich alſo nun und dann bei ihrem wenigen einen guten
muht, und gedachten, ſie wollten es lieber beizeiten ſelbſt berzehren, als lange ſpahren,
und dann bon andern verzehren laſſen. Des trunks halber entſchuldiget ſie Trithemius ſelbſt in vorangefuͤhrten ſchreiben: daß es gleichwohl auch viel maͤßige Leute unter ihnen gaͤbe, und ſeine eigene Landsleute aus Franken und Schwaben mehr darinn, als die eingehohrne ſelbſt, die graͤnzen uͤberſchritten. Solus bibendi exceſſus nomen vitii non habet: quanquam& multi apud eos reperiantur abſtemii,& advenae Francones& Suevi, ut frequenter ſumus experti, plus in potatjonibus excedant, quam indigenae terrae. AR
V. Aber es laͤßt ſich von einzelen beiſpitlen nicht ſchlieſſen auf ein ganzes Volk; und Trithemius urtheilte von dieſem Lande, wie er es damahls gefunden: wäre er zu andern zeiten darin geweſen, ſo würde er andere gedanken haben faſſen köͤnnen. Die zeiten beraͤndern ſich und mit denſelben die gemuͤhter zum guten, zum boͤfen, nachdem ſich die begebenheiten herhorthun. Mores animi ſequuntur temperamentum corporis, iſt nicht allein bei einzelen Perſonen wahr, ſondern auch bei dem Staatskoͤrper ganzer Staͤte und Länder, Nachdem der allgemeine Staat darin geſtellet iſt, fo ſchikten ſich auch die gemübter der Unterthanen darin, und gewinnen bald dieſes, bald ein anders, hald ein hetruͤbtes und niedergeſchlagenes, bald ein aufgewektes und freimuͤhtigers anſehen. Waͤre Trithemius noch etliche monate bei dem Churfuͤrſten
Erſter Theil, von der Mark intgemein. V Kap. 240
Joachim 1 geblieben, fo würde er feinem vorwurf von der ungelehrtheit in der Mark haben abgehulfen ſehen koͤnnen: ſintemahl dieſer loͤbliche Churfuͤrſt ſechs monate nach Trithemit gegebenem Schreiben die Uniberſitaͤt zu Frankfurt geſtiftet, und dadurch viel gelehrte Leute, dieſelbe damit zu beſetzen, ins Land gezogen; wiewohl auch Maͤrker ſelbſt darunter geweſen, als der zu den zeiten in Geiſtlichen Rechten und in der Philoſophie berühmte Johann Lindholz, von Moͤncheberg buͤrtig; welche zahl bald darauf dermaſſen
angewachſen, daß man in dem erſten jahre,
der daſelbſt ſtudierenden und lehrbegierigen bei 500. bei einander geſehen. Es iſt auch nachhert niemahls ein mangel an gelehrten, und zwar unterſchiedenen aus der Mark gebuͤrtigen Leuten geweſen. Der Churfuͤrſt ſelbſt auch iſt ihnen mit ſeinem exempel vorgegangen, welcher der wohlredenheit ſo maͤchtig geweſen, daß er zu der zeit den vorzug darin vor allen damahligen Teutſchen Fuͤrſten gehabt. Nicht weniger ließ ihm dieſer vortreffliche Herr ſtraks bei antritt feiner regierung ſehr angelegen ſein, ſein Land in innerliche ruhe zu ſetzen: indem er denen darin uͤberhand nehmenden rauhereien mit groſſem ernſt geſteuret, und wieder die verbrecher ohne anſehn der Perſon mit nachdruͤklicher ſtrafe verfahren, daß alſo maͤnniglich ohne alle furcht ſeine arbeit ungehindert abwarten nnd die früchte derſelben genieſſen können. Darum auch, wie A. 1525. der Bauern aufruhr die meiſte theile von Teutſchland in gefaͤhrliche unruhe geſetzt, die Maͤrkiſche Uns terthanen nicht allein in voͤlliger ruhe geblieben, als worinn fie ſelbſt kurz zuvor durch ihres Landesherren borſorge waren gebracht worden: ſondern es begaben ſich auch viel
auswaͤrtige mit ihren Familien herein, um
unter dieſem ſchoͤnen baum mehr ſchatten und ſicherheit, dann an andern orten, zu finden. Hierbeneben lebte er mit den benachbarten Potentaten in friede und guter verſtaͤndnuͤs, und ſezte dergeſtalt feine Unterthanen ſowohl in⸗ als auswaͤrts in ſicherheit, daß ſie alle fernere furcht, das ihrige zu herliehren, und damit die daraus entſtandene fahrlaͤßigkeit von ſelbſt fahren laſſen. Die ganze Mark aber gewann damit ganz ein ander und dem borigen gar ungleiches und beſſeres anſehen. Welches ſein ſohn und wuͤrdiger nachfolger Churfuͤrſt Joachim IL mit gleichmaͤßiger ſorgfalt fortſezte, unterhielt friede und ruhe beides in dem Lande und mit den auswaͤrtigen, wollte auch daher, ob er ſchon der Evangeliſchen Religion war beigetreten, nd e
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