Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
Seite
299
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Erſter Theil, von der Marl insgemein. XL Kap. 300

J.

Die alte Teutſchen haben, wie die = meiſte Mitternaͤchtige und Mor­33 genlandiſche Völker in Europa, VD ſich nicht bemüͤhet ein ſchriftliches andenken bon ihrem zuſtande und thaten zu hinterlaſſen, indem fie mehr auf die werke ſelbſt, als worte davon zu machen bedacht geweſen: und ſein daher die meiſte nach­richten von ihnen entweder verloſchen, oder, da noch etwas vorhanden, ſolches von den Roͤmern und Griechen entlehnet, welche theils wegen abgelegenheit ihrer Linden, theils wegen der zwiſchen beiden theilen ſchwe­benden feindſeligkeiten von ihnen nichts voll­kommenes ſchreiben können oder wollen: wie dann auch Ludwig XII. König in Frank­reich dergleichen auch ſchon laͤngſt von den alten Galliern angemerket, daß die Grie­chen wenig gethan und viel geſchrieben, die Ruͤmer viel gethan und viel geſchrieben, die Gallier hergegen viel gethan aber nichts auf­geſchrieben hätten v. Ferron Hiſlor. Gall. L. III. Beſtehet alſo alles, was von dem alten zuſtande der Teutſchen ingeſamt und fol­gends der Maͤrker kann geſaget werden, nicht ſo ſehre auf einer unfehlbahren gewißheit, als auf vernunftmaͤßigen vermuhtungen, die man aus den Röͤmiſchen und Griechischen Geſchichtſchreibern entlehnen muß. Und hat Tacitus zwar de Moribus Germano­rum, von der Lebensahrt und Gewohn­heiten der Teutſchen geſchrieben: das we nigſte aber darinn betrifft ihre thaten, gehet auch mehr auf die mittaͤgige als mitter­naͤchtige Teutſche. Auch hat Philippus Cluverus zu unſern zeiten Germaniam An­tiquam, das alte Teutſchland, beſchrieben: er richtet aber ſeine gedanken nicht nach den materien, ſondern zwinget vielmahl die ma­terien nach ſeinen gedanken: und waͤre zu wuͤnſchen, daß er bei feiner groſſen weitlaͤuf­tigkeit die aus dem alten Teutſchlande noch uͤbrige wenige alterthuͤmer etwas weiter aus­gefuͤhret hätte. Die Gelehrte aus dem 16. jahrhundert, Mutius, Pirbaimerus, althame­

rus, Beutherus, und unter den Frankfurti­

ſchen Profeſſoren Jodocus Willichius, auch der ſelige Lutherus, und andere haben ſich zwar bemuͤhet etwas mehres zu thun: die nachkommende aber ſein ihnen nicht mit gleichmaͤßigem fleiſſe nachgefolget, ſondern die meiſte, ſo in den alten Geſchichten etwas thun wollen, haben lieber die Roͤmiſche Al­terthuͤmer, als die unſerige zu beſchreiben ge­

ſucht, und daher uns ſelbſt den worwurf ber. urſachet, daß wir lieber fremde, als unſere eigene ſachen wiſſen, auch lieber ein uͤberwun­denes Volk, als die uͤberwinder nemlich un­ſere Vorfahren ehren wollen: ſintemahl der ganzen welt bekannt, daß die Teutſche die einige geweſen, welche der Röͤmer glorie obs gelegen, und ſelbige endlich auf ſich gebracht haben., Se

Indeſſen haben ſich doch in den lest vers wichenen beiden jahrhunderten unterſchiede­ne gelehrte und fleißige Maͤnner in den be­nachbarten Probinzen, namentlich in Sach­ſen, Meißen, Thuͤringen, Braunſchweig, Luͤneburg, Anhalt gefunden, fo ſich der he­ſchreibung derjenigen oͤrter in und unter wel­chen ſie gelebet, mehr angenommen, und der­geſtalt den Nachkommen die bahne gebrochen, ſolche bis auf gegenwaͤrtige zeiten fortzuſe­Ben; denen auch andere mit nicht wenigerm fleiß und geſchiklichkeit in der Churmark auch zu unſern zeiten nachgefolget, oder vielmehr ſich ihnen gleich geſtellet, um ihr Vaterland der Welt ebenfalls bekannt zu machen, und deſſen merkwuͤrdigkeiten, ſo­wohl dem Vaterlande und Staͤten, als den Oherherren nach, der Nachwelt zu eroͤff­nen, und zu ſernerer ausfuͤhrung derſel­ben anlaß zu geben, welche denn weil fie ei­gentlich dieſe Hiſtorie belangen, ſo viel man für noͤhtig erachtet, hier zufoͤrderſt niederge­ſetztt, und was, auch auf was weiſe fie dieſe ſache gefuͤhret, angezeiget werden ſoll.

Solche ſein nun 1) Georgius Sabinus, welcher eine Kurze Hiſtorie de Appellatio­ne, Situ, Moribus ac Fopulis Marchiae Bran­denburgenſis nebſt ſeiner gleichfalls Kurzen Beſchreibung der Stat Brandenburg aufge­ſetzet, Johannes Idenius aber, Burgermeiſter zu Brandenburg, zuſammen hervorgegeben, Berlin 1611. in 12. Auch vor deſſen zei ten ſchon von R. Reineccio ins Teutſche uͤberſetzt, und deſſen hald anzufuͤhrender Chronik, ingleichen Angeli Breviari Mear­chiae am ende beigefuͤget worden. Der Verfaſſer ſagt viel mit wenigen worten, und iſt nichts drin vergeſſen, was deſſen vortref­lichem ingenio gemaͤß iſt: belanget aber do nur die benennung des wortes Mark, der Mark Brandenburg groffe Fluͤſſe und natuͤr­liche guͤte, beſchaffenheit der Einwohner, und dero alte Vorfahren ſamt eintheilung des

Landes,