Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
Seite
229
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229 Finfter Theil, 1 Buch. Il. Kap. Von der Stat Stendal. 238

und andere geſellen in haft genommen wor­den, um welcher erledigung zwar die ande­re knechte bald tages darauf bei den Churſl.

Raͤhten auf dem Rahthauſe angehalten, aber

abſchlaͤgige antwort bekommen; ſie baten

auch zum andernmahl, ſie dann aus der

Stat zulaſſen, aus beiſorge es moͤchten ih­rer mehr beigeſtekket werden; es kam aber zu keinem ausbruch, und iſt damit der tag mei­ſtentheils weggegangen. Um vier bis 5 uhr des abends begab ſich der Landshauptmann mit

den Churfl. Raͤhten nach dem Grauen Moͤn­

chen oder Franziskaner Kloſter, um dem Gardian zu befehlen, daß er auf Kuchen­bekkers Predigten acht haben ſollte, damit kein aufruhr daraus entſtuͤnde, auch mit Kuchenbhelkern ſelbſt zu reden, der ſich aber aus Furcht, daß er gegriffen möchte wer­den, hinten zum Kloſter hinaus in den Bor­kenhagen gefluͤchtet. Giengen alſo von dar in die Dechanei um daſelbſt mahlzeit zuhal­ten. Kuchenbekker hergegen Sich in frei­heit ſehende, lief durch die Stat und ſchrie, man wollte ihn gefangen nehmen, und kam damit bis an die Groſſe Bruchſtraſſe, allwo die Tuch: oder Lakenmacher eben ihren Pan­taleonen tag hielten. Namen ſich alſo die geſellen, welche in groſſer menge hier beiein­ander waren, ſeiner an; und weil dieſes ge­ruͤchte auch bald in die bierkruͤge kam, in welchen durch gelegeheit des feſtes allerhand geſellen zugegen waren: ſo liefen dieſe gleich­fals haufen weiſe Kuchenbekkern zu, und ge­ſelleten ſich auch allerhand andere liederliche leute in groſſer anzahl zu ihm, der meinung ihn wieder den Landshauptmann zubeſchuͤt­zen, und wieder in fein Kloſter zu bringen. Der Raht ſolches ſehende ſchikte eilends zu dem Landshauptmann und den Churfl. Raͤh­ten auf der Dechanei, mit bitte ungeſauͤmt auf das Rahthaus zukommen, weil ſie ſich eines aufſtandes beſorgeten, ſo auch von die­ſen alſo fort geſchehen. Jene hergegen liefen ingeſamt dem markte zu, und Kuchenbekker mit ihnen zugleich rufende: wer etwas oh­ne ſeinen willen thun wollte, da waͤre ießo zeit dazu. Ihnen geſellete ſich auch noch ein Statkapitain zu, Matthias Schoͤ­newald genannt, und trafen den Lands­hauptmann noch auf dem markte an und jagten ihn mit gewalt auf das Rahthaus, umgaben auch daſſelbe, und rief der Raht zwar den Bürgern zu, daß fie ihnen zu huͤl­fe kommen ſolten, aber ehe dieſe kamen, ſo drungen iene auf das Rahthaus weiter au, hieben die thüren entzwei und wurfen die V. Theil der Maͤrk. Hiſt.

fenſter aus, bis ſie endlich einer des Rahts, Werner Bucholtz, durch vieles zureden da. hin brachte, daß ſie ſich bis auf den andern tag zufrieden gaben, etliche aber liefen nichts deſtoweniger die nacht durch in der Stat herum und pluͤnderten der Geiſtlichen hass ſer; die Buͤrger hergegen beſezten das Raht­haus, damit an demſelben nicht weitere ge: walt geſchaͤhe; verſammelten ſich auch des folgenden morgens frübe mit gewehr und harniſchen in der Schmiedeſtraſſe vor Klaus Schoͤnebeks thuͤre, und zogen damit auf den markt, um die Churfl, Nähte zubefreien, und das loſe geſinde wegzutreiben; brach­tens auch dahin, daß die tumultuirende ver­ſprachen, daß wann ihnen gewiſſe artikel ver­ſchrieben und beſiegelt würden, fie zufrieden ſein, auch die Churfl. Raͤhte und E. Raht nicht weiter beunruhigen wollten. Schikten alſo ſechs perſonen von den aͤlteſten aus der Buͤrgerſchaft auf das Rahthaus, zu ver­nehmen, obs ihnen leidlich waͤre die vorge­

ſchlagene artikel einzugehen, und beſie gelt

bon ſich zugehen, wo nicht, ſo wolten fie darein ſchlagen, und die leute mit gewalt

bom markte treiben. Es haben aber beide die Raͤhte und E. Naht vor das heſte gehal­

ten, die guͤte zuerwaͤhlen, und zu den artik­keln ſich zubequemen, um allen mord und todſchlag zuberwehren. Worauf fie aller; ſeits von dem Nahthauſe mit frieden gegan­gen, die Churfl. Nähte auch von der Buͤr­gerſchaft bis vor das Ungelingiſche thor und über die berge begleitet worden; die Bürger haben auch ſtraks darauf bei dem damahligen jungen Markgrafen nachmahls Churfuͤrſt Joachimen ll ihre entſchuldigung eingebracht, und gehehten ihrenthalben bei dem Churfl. Herrn Vater vorbitte einzulegen.

Der Churſuͤrſt Joachim J. aber nahm dieſe ſache ſehr ungnaͤdig auf; und zwar er­zehlet er ſelbſt dabon in dem ausſuͤhnungs hriefe, was maſſen er auf dem Reichstage zu Aug burg geweſen ſeine beiden herren Soͤh­ne Joachim der ll und Johann und andere feine heim verordnete Stathalter und Raͤhte, den Chſl Hauptmann der Altenmark u Raͤhte, Buſſen von Bartensleven, Fritzen von der Schulenburg, den aͤltern Gerten von Lüuͤderlz und Jakoben von Jez uf Aſſumptionis Marie naͤhſt verſchienen zu erhaltung Chriſtlicher liebe, friedens und einigkeit, auch zu verhuͤtung der Lutheri­ſchen ſekten und geſaͤnge, auch aufruhr und wiederwillen, fo in der Stat Stendal vor­handen und erwachſen hätte mögen, gnaͤdi­

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