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Zuruf an die israelitische Gemeinde in Frankfurt an der Oder : Des israelitischen Geistlichen Beruf und Stellung in unserer Zeit : Predigt, gehalten in der Synagoge zu Frankfurt an der Oder am Sabbath Nachmu 5600 (15. August 1840) / von Dr. Samuel Holdheim, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinschem Landes-Rabbiner
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der Euch straft, soll Euch trösten, beruhigen und erheben, soll die Religion in ihrem ganzen Umsange Euch nah bringen, nicht einzelne abgerissene Theile derselben. Dann wird auch der Quell des Trostes ein ganzer, ungetheilter, unversiegbarer sein; dann wird an ihn das Gotteswort ergehen können: Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!"

Das wäre nun etwas über den innern Beruf des Leh­rers und dessen Verhältnis! zur Gemeinde. Nun aber auch ein Wort über seine äußere Stellung und Euer Verhalten zu ihm, über den Wirkungskreis, über den Boden, aus dem er seine Thätigkeit entfalten soll. Was seine äußere Stellung betrifft, wäre es wohl am wünschenswerthesten und der Natur des hei­ligen Lehramtes am angemessensten, daß sie eine von der höch­sten Staatsgewalt anerkannte, gesetzlich bestimmte, auf der Stufe der äußern Würde mit der seiner übrigen Amtsgenossen anderer Bekenntnisse gleichgestellte, daß die äußern Grenzen seines Pflichtenkreises genau abgemessen wären: nur dann könn­ten seinem geistlichen Wirken in Synagoge, Schule und Leben gedeihliche und wahrhaft segensreiche Erfolge entsprießen. Allein Ließ bleibt so lange ein frommer Wunsch, bis die Synagoge im Ganzen und Allgemeinen in die natürliche Stellung zum Staate gebracht sein, bis sie einer gleichen Beachtung, Theil- nahme und Stellung als ihre übrigen Schwestern im Vater­lande sich erfreuen und nicht mehr einer beschämenden Zurück­setzung preisgegeben sein wird. So ich aber zu Euch als einer einzelnen Gemeinde spreche, kann nicht von dem die Rede sein, was im Allgemeinen für alle Synagogen des Vaterlan­des so dringendes, tief gefühltes Bedürfniß ist. Aber was au gesetzlicher Kraft im Allgemeinen fehlt, kann in einer Gemeinde durch eigene Erkenntnis! und guten Willen ersetzt werden, und