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der Wirkungskreis, den Ihr dem neuen Lehrer bietet, kann immer ein segensreicher werden. Es ist ein höchst schwieriger Stand, der des geistlichen Führers unserer Tage in Israel. Dre alte Ruhe und Glaubenseinigkcit in den Gemeinden Jsrael's ist zu Grabe gegangen und hat einer vielfachen Bewegung und stürmischen Aufregung Platz gemacht. Nicht eine Gemeinde findet man fast in dem großen deutschen Vaterlande, wo alle Glieder mit dem geistlichen Führer zufrieden sind. Entweder gehört er der alten Zeit und dem Stillstände an und ist dem großen fortgeschrittenen Theile, und namentlich dem jünger» Geschlechts entfremdet, oder er ist ein Mann unserer Zeit und des Fortschrittes, und er steht im Kampfe mit den hinter der Zeit Zurückgebliebenen. Einigung, unbedingte Einigung ist heute noch unmöglich. — Aber es liegt in seinem Berufe, diese Einigung für die Zukunft herbeizuführen, und zwar durch das doppelte Bestreben herbeizuführen r aus der einen Seite immer eine größere Anzahl für die bessere und würdigere Gestaltung der religiösen Verhältnisse zu gewinnen und sie durch ein Geist und Leben bekundendes, Geist und Leben ausstrahlendes Wirken ins religiöse Interesse zu ziehen, auf der andern Seite ein ganzes aufwachsendes Geschlecht für ein geläutertes, vom Lichte des reinen Judenthums durchdrungenes religiöses Bewußtsein zu erziehen. Und dieses Bestreben ist es, worin die Gemeinde ihm hülsreiche Hand leisten und aus halbem Wege entgegen kommen muß. Denn getheilt und gespalten ist das Haus Israel, und wie einst sein Stammvater Jakob kann dieses heute von sich sagen r „Mit meinem Wanderstabe bin ich durch die Fluthcn des tausendjährigen Mißgeschickes gefahren, und nun, da die Stürme nicht mehr so gewaltig toben und ich mich dem ersehnten Hafen nah glaube, sehe ich mich in zwei Lager getheilt." Das eine Lager stellt sich auf die Höhen der Zeit und will nur dem Anerkennung und