130 Schriftenschau Otis 23(2016) M ammen , U., B. N icolai , J. B öhner , K. M ammen , J. W ehrmann , S. F ischer & G. D ornbusch (2014): Artenhilfsprogramm Rotmilan des Landes Sachsen-Anhalt. Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Heft 5/2014. 160 Seiten. ISSN 0941-7281. Bezug: Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt,PF 20 08 41, 06009 Halle, poststelle@lau.mlu.sachsen-anhalt.de. Das Heft kann heruntergeladen werden unter: www.lau. sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_ Verwaltung/MLU/LAU/Wir_ueber_uns/Publikationen/ Berichte_des_LAU/Dateien/Berichte_LAU_2014_5.pdf Ein Großteil des Weltbestandes des Rotmilans kommt in Deutschland vor, und das Land Sachsen-Anhalt ist eines der Verbreitungsschwerpunkte. Deshalb ist ein Artenhilfsprogramm sehr zu begrüßen. Die ausführliche Broschüre stellt gut lesbar und sehr gut illustriert die wesentlichen Fakten zum Rotmilan zusammen und leitet daraus Schutzmaßnahmen ab. Nach einem Überblick zur Biologie des Rotmilans werden Vorkommen und Bestandsentwicklung in Sachsen-Anhalt ausführlich dargestellt. Grundlage dafür ist unter anderem eine fast flächendeckende Erfassung in den Jahren 2011-2013. Dabei wurden 1.926 Brutpaare ermittelt und sogar 1.747 Horste gefunden! Eine tolle Leistung, die offenbar durch eine Förderung aus EU-Mitteln möglich wurde. Solch umfangreiche Daten ermöglichen sehr spezifische Angaben zur Lebensraumnutzung. Sachsen-Anhalt ist Kernland des langjährigen Monitorings Greifvögel und Eulen. Dadurch liegen gute Daten zur Bestandsentwicklung und zum Bruterfolg vor. Zwischen 1996 und 2012 ist der Bestand um durchschnittlich 1,8% pro Jahr zurückgegangen. Mögliche Gefährdungsfaktoren werden aufgezeigt und diskutiert. Eine Populationsgefährdungsanalyse modelliert die voraussichtliche Bestandsentwicklung unter verschiedenen Bedingungen. So wird der Einfluss des Anteils erfolgreicher Paare, die Brutgröße und der Adult- und Jugendmortalität getrennt untersucht. Der Einfluss der Mortalität erweist sich als besonders bedeutend. Es ist erstaunlich, dass schon geringfügige Änderungen in diesen Werten erhebliche Auswirkungen auf die Bestandsentwicklung haben. Allerdings ist bei der Interpretation Vorsicht angesagt: Die zugrunde liegenden Daten sind zwar aufgrund der Monitoringprogramme vergleichsweise gut, aber gerade bei der Mortalität doch grobe Schätzungen und sicher viel ungenauer als die modellierten Differenzen. Und bei Prognosen über 400 Jahre wird es doch recht abenteuerlich. Aber die Berechnungen helfen doch dabei,die Auswirkungen verschiedener Gefährdungsfaktoren zu wichten. Im Ergebnis werden ausführlich mögliche Schutzmaßnahmen dargestellt. Stichworte sind: angepasste Landnutzung, Erhaltung und Pflege von Nistplatzstrukturen(Feldgehölze), Prädationsmanagement, Verringerung der Mortalität an Verkehrswegen, Freileitungen und Windkraftanlagen, Verhinderung illegaler Verfolgung, Futterplätze. Weitere Empfehlungen betreffen das Monitoring, die Öffentlichkeitsarbeit und die Einrichtung eines Rotmilanzentrums. In einem Anhang werden die einzelnen Flächen des Greifvogelmonitorings in Sachsen-Anhalt genauer vorgestellt. Das Heft enthält eine Fülle wichtiger Grundlagendaten und Schutzvorschläge, die auch für andere Regionen wie Brandenburg bedeutend sind. Würde es sich um eine normale ornithologische Fachpublikation handeln, könnte man die Rezension hier mit uneingeschränktem Lob schließen. Aber im Titel steht„Artenhilfsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt“,und die Schrift ist von der zuständigen Landesbehörde herausgegeben. Da würde man doch die Festlegung ganz konkreter Umsetzungsschritte erwarten: Welche Förderrichtlinien werden jetzt wie gestaltet und mit welchen Mitteln ausgestattet, um die notwendigen Landnutzungsanpassungen umzusetzen? Welche Kriterien werden für Windkraft-Genehmigungen angesetzt? In welchem Umfang werden Feldgehölze gepflanzt und wie wird das finanziert? Wie konkret wird illegale Vogelverfolgung bekämpft? Konkrete Festlegungen und Selbstverpflichtungen des Landes fehlen, der Maßnahmenkatalog liest sich eher wie„Man müsste mal…“. Sicherlich liegt das nicht an den Autoren, sondern ist politischen Vorgaben geschuldet. Aber das Land Sachsen-Anhalt wird sich an diesem Papier messen lassen müssen und darf es nicht einfach in der Schublade verschwinden lassen. Wolfgang Mädlow
Heft
Band 23
Seite
130
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