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Kleine Mitteilungen.
und ihr habt die besten Preußen und Patrioten! — Die vielen Eingewanderten und stets noch Einwandernden bringen die mannigfaltigsten Mischungen von Charakteren und Individualitäten hervor, so daß man alle möglichen Temperamente, alle Völker und alle Provinzen in ihren Eigentümlichkeiten linden kann. Mit der Zeit freilich berlinisieren sich die meisten und verspülen in dem Strudel des Lebensozeanes der Residenz ihren Charakter. Auch kostet es Kampf, sich zu halten in der industriösen Überfüllung. Man vergißt die Mutter, die uns auf den Armen trug, den Lehrer, den Freund seiner Jugend, den Prediger, der uns eingesegnet, die Geliebte der. wir ewige Treue geschworen, man wird gewitzigt, gerieben, mit allen Hunden gehetzt und man bekommt „Intelligenz!“ Freilich, „es bildet ein Charakter sich durch die Welt“, und so werden moralisch kräftige Naturen wohl gerade dadurch edelmännlicher, was Vergnüglinge verdirbt. Die edelen Männer und Frauen, die nicht mit dem Strome schwimmen, sondern ihn gar nicht hineinlasscn in die gemütlichen Kreise ihres abgeschlossenen Lebens, werden sich auch durch diese Charakteristik nicht getroffen fühlen.“*
So urteilte ein scharfer Berliner Beobachter im vormärzlichen Berlin zu Anfang der Regierungszeit des Romantikers auf dem Throne der Cäsaren. Seitdem sind über zwei Menschenalter ins Land gegangen. Hat sich der Charakter des Berliner seither wesentlich geändert und würde in seiner Selbstbiographie sein Erkennedichselbst heut erheblich anders lauten ? Jedenfalls „Willem“, „Ilujo“, „Lude“, „Aujust“, „Fritze“ heißen, genau noch so wie „Anno dunnemals“ und sind genau noch so von Charakter wie zur Zeit des seligen Eckensteher Nante. „ E. Fr.
Dammsmühle, Kreis Nieder-Barnim. Was sich die allerältcsten Leute über Dammsmühle erzählen. Also sprach der älteste der Alten, als er vor einigen Jahren mit seinem 83 jährigen Sohne aus Mühlenbeck zu Fuß herüberkam, um seinem „Kleinen“ das von den Wollankschen Erben schloßartig ausgebaute Herrenhaus zu Dammsmühle zu zeigen: „Ick hab’t immer gesagt, der Junge hat kenen Trieb; er kann nich mal allenc nach Dammsmühle finden; darum komm’ ick jetzt mit und zeige ihm das Schloß; aus dem Jungen wird wohl nichts mehr werden. Als ick’t letzte Mal hier war, da war Napolium och hier!“ „Aber“, warf der Schloßherr hier ein, „Napoleon ist ja doch nur bis Wilhelmshöhe bei Kassel gekommen!“ „Ach wat!“ brummte der Alte, „den meene ick ja nich, sondern den ganz klenen fetten, den ersten Napolium 1 Der kam damals von Berlin hierher und er hat hier im Schlosse gewohnt. Alle Leute aus der ganzen Gegend waren zusammen gelaufen, um die Franzosen zu sehen; sie waren immer dicht hinter Napolium. Der ging in die königlichen Gewächshäuser und in den Garten, pflückte sich Pflaumen und Äpfel und kostete; aber er spuckte alles wieder aus; et mag ihm wohl zu sauer gewesen sein. Die Leute vprfierten sich, wie einer so mit königlichem Eigentum umgehen konnte. Am Abend kam aus Berlin ein französischer Ordonnanzoffizier, ein Kürassier, der dem Kaiser eine Nachricht bringen wollte. Aber er geriet beim Mühlenbecker See in einen Sumpf und ist da immer tiefer eingesunken, bis er ertrank — wenn die Leute nicht noch ein bißchen nachgeholfen haben. Am nächsten Morgen ließ der Kaiser das Haus anstecken und zog fort. So machte ers gewöhnlich Da kamen die Leute aus Mühlenbeck