Heft 
(1907) 15
Seite
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Bücherbesprechung.

Mark Brandenburg im einzelnen zu, und deshalb bildet das Werk von Liebe auch einen schlitzenswerten Beitrag zur Beurteilung des Judentums in Brandenburg-Preußen.

Das Gleiche gilt auch von dem 12. Bande, in dem Paul Drews den evangelischen Geistlichen in der deutschen Vergangenheit be­handelt, auch hier finden so viele gemeinsame Züge, daß man daß Werk zur Beurteilung des evangelischen Pfarrers in der Mark Brandenburg in aus­reichender Weise heranziehen kann. Der Verfasser schildert zunächst die Zustände nach der Reformation, die Herkunft der evangelischen Pfarrer, ihren sittlichen Charakter, ihre Fähigkeit für die Seelsorge und ihre soziale Stellung und setzt dann auseinander, wie erst allmählich eine Besserung durch Kirchenzucht und obrigkeitliche Aufsicht eintrat, zunächst in den Städten, dann auf dem Lande. Aus diesen Schilderungen, die durch zeit­genössische Zitate und Abbildungen belebt sind, geht hervor, daß die Stellung des evangelischen Geistlichen anfangs eine sehr schwierige war, daß eine derbe Kampfesstimmung die Gemüter beseelte und daß diese sich in Schmäh­schriften gegen den katholischen Clerus, in geharnischten Predigten und nicht zum mindesten in theologischen Zänkereien Luft machte. Hierzu kam, daß die Gemeindemitglieder, in Unwissenheit und Aberglauben aufgewachsen, sich gegen die neue Kirchenordnung und den Pfarrer auflehnten und den alten Schlendrian zurückwünschten, und es bedurfte der ganzen Energie duldsamer, evangelisch durchgebildeter Pfarrer, um solchen Zwiespalt zu beseitigen und die Widerspänstigen zum Gehorsam zu zwingen. Da Kirche und Obrigkeit für die Heranbildung eines passenden Nachwuchses der evangelischen Geistlichkeit sorgten und schließlich von jedem das Universitäts­studium forderten, so besserten sich die Verhältnisse nach und nach, und schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts nehmen die evangelischen Pfarr- herren eine geachtete Stellung im deutschen Volke ein, wenn auch die sonstigen Verhältnisse, namentlich das Einkommen, nicht gerade glänzend waren. Die Zeiten des Pietismus und der Aufklärung haben dann die Auf­fassung von der pfarramtlichen Tätigkeit völlig umgestaltet, den Stand selbst gehoben und beim Volke zu Ehren gebracht, viele Schäden geheilt und die soziale Stellung der Pfarrer gebessert, aber trotzdem bleibt noch vieles zu ändern und zu bessern übrig.

Die beiden Bände schließen sich nach Inhalt und Ausstattung den vorhergehenden würdig an und verdienen nebst diesen einen Platz in der Bibliothek eines jeden Gebildeten. G. Albrecht.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cüstriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bemburgerstrasse 14.