Heft 
(1907) 15
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Kleine Mitteilungen.

Ursache. Es lebte nämlich in Wansdorf ein Bauer, der an Krämpfen litt. Nun hatte man ihm gesagt, er könne durch das Blut eines Gerichteten von seinem Leiden befreit werden.

Als jetzt Neuinann geköpft wurde, nahm der Bauer einen N pf, setzte sich aufs Pferd, ritt zur Gerichtsstätte, fing das Blut des Gerichteten auf und trank es aus. Dann kehrte er schleunigst um, sprach kein Wort und sah sich nicht um. Man behauptet nun, die Sage vom Reiter ohne Kopf sei auf diesen Vorgang zurückzultihren. Doch ist dieser Versuch der Erklärung schon insofern zurückzuweisen, als ja der Bauer aus Wansdorf immerhin einen Kopf besaß, obgleich er wohl hinsichtlich seines Aberglaubens nur als ein schwacher Kopf angesehen werden muß. Sodann bedarf es keiner Er­klärung; denn die Sage vom Reiter ohne Kopf ist in der Mark so ungeheuer weit verbreitet, daß es wohl kaum eine Gegend gibt, in der sie nicht be­kannt wäre.

Auch zwischen Lietzow und Nauen kommt sie vor, wo sich der kopflose Reiter am sogenannten Kuhdamm zeigt. Trotzdem wird es mit der Kur gegen die Krämpfe schon seine Richtigkeit haben; denn das Blut der Gerichteten, sowie gewisse Körperteile derselben galten von jeher als Hcil- oder Schutzmittel. (Finger des Gehängten.) Von den Alraunen sagte man sogar früher, sie wüchsen unter dem Galgen aus den Tränen der unschuldig gehängten Menschen, und wie dieser Aberglaube noch heut fröhlich wuchert, sieht man am besten daraus, daß man selbst noch im Jahre 1904 in dem mittelsten Mittelpunkt aller Intelligenz, in Berlin, in den Apotheken .Alraun- männchen und Weibchen nicht nur feilhält, sondern auch sogar verkauft.

Der dreibeinige Hase bei Satzkorn. Der Dorfkrug in Satzkorn führt das Bild eines dreibeinigen Hasen im Schilde, und die Volkssage berichtet, daß sich zuweilen abends in der Nähe des Kruges ein solcher Hase zeige. Er kommt von der zwischen dem Dorf und der Chaussee gelegenen Brücke her, humpelt bis zum Kruge und kehrt nach einiger Zeit wieder um. Dorf­krüge und einsame Wirtshäuser an der Landstraße nach Tieren zu benennen, ist besonders im Havellande nichts Seltenes.

Wir kennen einen Finkenkrug, einen Schwanenkrug, einen Sperlings- krug, ja einen Ziegenkrug im Krämerwalde westlich von Spandau. Aber der Hase gehört sonst zu den Tieren, dieeinen schlechten Ausgang haben, d. h. es hat eine üble Vorbedeutung, wenn sie einem begegnen oder gar über den Weg laufen, und deshalb ist sein Vorkommen im Wirtshausschilde scheinbar auffallend. Doch ist der dreibeinige Hase im Gegensatz zu seinem vierbeinigen Kollegen ein Gltickstier, wenn er auch etwas Spuk- und Gespensterhaftes an sich hat.

So lernte Verfasser d. Z. vor kurzem in Helle (Ostpriegnitz) die Sage von einem dreibeinigen Hasen kennen, der um die Äcker eines dortigen Besitzers herumläuft, sie bewacht und sich auf diese Weise nützlich macht, und in Nieder-Finow bei Eberswalde erzählt man von einem dreibeinigen Hasen, welcher im Keller eines Bauernhauses nachts am Butterfasse stand

Otto Monke.