Kleine Mitteilungen.
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Siechenhause (1345 schon vorhanden) mit der Gertrudenkapelle. Zwischen Pforte (des Kirchhofes) und Kapelle grünt noch immer die berühmte Linde, welche bereits 1610 in ihrer laubenartigen Gestalt vorhanden war, und einer Sommerkanzel zum Schutz diente . . Schon unter Graf Anton Günther wurde der Gertrudenkirchhof erweitert und in häufigere Benutzung genommen.“ In der erwähnten Schrift wird dann gleichzeitig verwiesen auf„L. Strackerjan, die Kirchhofslinde zu Oldenburg, in dessen: »Von Land und Leuten.“
„S. 19 ff.“ An die Kirchhofslinde schließt sich, wie auch anderwärts, eine Sage an, die ich auszugsweise nach der Mitteilung von Frau Kathmann (nach „L. Strackerjan, Aberglaube und Sagen, Band II“) mitteile.“ Aus dem dürren Zweige, den ein Mädchen, unschuldig zum Tode verurteilt, vor ihrer Hinrichtung verkehrt in die Erde steckte, daß er ausschlage zum Zeugnis ihrer Unschuld, erwuchs die Kirchhofslinde. Ebenso ist die Sage auch jetzt noch im Volksmunde lebendig.
Als ich vor einigen Jahren am Fuße des Schwarzwaldes, im Acherer oder Bühler Tal, durch eine Ortschaft (Kappel Windeck V) kam, deren Name mir entfallen ist, fiel mir inmitten des Ortes auf dem alten Kirchhof vor der Kirche eine alte, sehr schöne und starke Linde auf, deren unterer Teil tatsächlich eine Art Laube bildet, über die der übrige Stamm sich dann in regelrechter Weise erhebt. Es gehen wagerecht und strahlenförmig, wie Speichen eines Kades, zwölf gewaltige Äste von dem Hauptstamm, etwa in einer Höhe von 10 Fuß (?), ganz gleichmäßig aus. Sie bilden einen vollständigen Kranz. Sind es wirklich 12 Äste, wie ich mich entsinne, so dürfte die Zahl 12 mit Absicht gewählt sein. Sie scheint in dieser Hinsicht in der Volksüberliefernng Deutschlands weiter nachweisbar und geht vielleicht auf eine ältere Vorstellung zurück. Wenigstens hörte ich (1881?) von einer alten sagenkundigen Frau aus Beinuhnen (Ostpreußen), daß im Angerburgschen Walde „ein Lind“ (wie sie immer sagte) gestanden, bei „dem“ sich allerhand Wunderbares zutrug und vor Jahren etwas Verwünschtes gewesen sein soll. Auch wenn man die Zacken abschnitt, hat es geblutet. Einer hat gesagt: „Ach, wer wird mir was tun“ und hat sie abgehauen. Nach hause gekommen, ist er gestorben. Darnach sind 12 Stämme von der Linde ausgeschlagen, und sie wird wohl noch da stehen, fügte die Frau hinzu. — Auf meine Nachfragen in jenem badener Ort über die denkwürdige Baumbildung sagte man mir wörtlich, „die Äste wären s. Z. einokuliert worden“. Näheres konnte ich bei meinem flüchtigen Aufenthalt nicht feststellen. Tatsächlich war die laubenförmige Bildung der Äste die gleiche wie an der Kirrhhofslinde in Oldenburg.
Von der berühmten Linde zu Annaberg in Sachsen (vergl. Rosenkranz, Pflanzen im Volksglauben, 1896) ist die Sage, daß ein junger Mensch, der nicht an die Auferstehung glaubte, zum Geistlichen auf dem Gottesacker gesagt: so wenig eine junge Linde, verkehrt in die Erde gesteckt, wachsen würde, so wenig würden die Toten auferstehen. Der Geistliche habe ein Bäumchen so eingepflanzt und die Linde prange heute als mächtiger Baum. Die Annaberger Linde hat (nach Stehle) 11 Ellen im Umfang und eine Höhe von nur 3 Ellen. „Nach dieser Höhe erstrecken sich die ehemaligen Saugwurzeln als 16 nahe an 12 Ellen lange Äste gleich einem flachen Dache