Heft 
(1907) 15
Seite
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Kleine Mitteilungen.

aus, getragen von steinernen und hölzernen Säulen. Diose Stützung der Äste geschah das erste Mal 1693. Von der Mitte dieser Baumkrone aus erstreckt sich die sogenannte Pfahlwurzel (!) als Fortsetzung des Stammes in einer Höhe von 50 bis 55 Ellen. Also ebenso wie in Oldenburg und im Badenschen.Es ist ein alter ehrwürdiger Brauch, daß zu Annabcrg unter der großen Linde, die auf dem dortigen Friedhof steht, alljährlich der Geistliche zur Osterzeit von der Auferstehung predigt (Rosenkranz nach Grube IV, 201, 202). Also auch hier Predigt unter dem Lindendach. Es ist deshalb anzunehmen, daß solche künstlich gebildeten Lauben gewisser Kirchhofslinden als Schutzdach für den Pfarrer und die Gläubigen dienten, während die Sage über die Entstehung des Laubdachs vermutlich erst später hinzugekommen ist.

Ebenso wie in Oldenburg wird es mit den drei großen Linden auf dem Kirchhof des Hospitals zum heiligen Geiste in Berlin gewesen sein.

W. v. Schulen bürg.

Aus Basdorf, Kreis Niederbarnim haben wir bereits im Monats­blatt XIV. 300 flg. einiges mitgeteilt. Zur Untersuchung der dort mitge­teilten Angaben ward am 23. August 1905 unter Führung des Geheimen Regierungsrates Friedei eine Pflegschaftsfahrt unternommen. Besichtigt wurde zunächst die interessante, anscheinend aus dem 14. Jahrhundert stammende Dorfkirche, die zurzeit durch Baurat Jaffe einer gründlichen Renovierung unterworfen wird. Bekanntlich lebt in Basdorf die Sage, daß in alten Zeiten ein unterirdischer Gang von der Kirche bis nach den nördlich vom Dorfe gelegenenBurgwällen geführt habe; teilweise durch Mörtel zusammengc- haltenes Mauerwerk, auf welches man auf der Nordseite der Kirche bei Aus­hebung von Gräbern stieß, gaben dieserVolkssage neue Nahrung, und als man bei den Renovierungsarbeiten im Innenraum der Kirche auf der Nordseite eine vermauerte Tür entdeckte, glaubte man bestimmt, den Anfang des unterirdischen Ganges gefunden zu haben. Doch ergaben weitere Nach­forschungen die Haltlosigkeit dieser Annahme. Die Tür, deren Schwelle etwas tiefer lag als der Fußboden der Kirche, bildete ohne Zweifel den Eingang zu einer Sakristei, die sich ehemals an der Nordseite der Kirche befand und das Mauerwerk, welches man früher auf dem Kirchhofe gefunden hatte, das Fundament dieser Sakristei. Die Anlage eines unterirdischen Ganges nach denBurgwällen erscheint auch schon deswegen ausgeschlossen, weil diese vom Dorfe durch einen noch heut fast unergründlichen Morast getrennt werden, den ein kleines von Osten her kommendes Fließ durchschneidet. Daß eine Sakristei tiefer liegt als der Fußboden der Kirche, ist nichts Neues. An manchen Orten (Sommerfeld bei Kremmen) nennt man derartige Räume neben der KircheSchlangenkeller. An der Außenwand der Kirche, besonders an der Plinthe entdeckte Herr Geheimrat Friedei eine große Anzahl von Schleifrillen und Näpfchen, d. h. längliche oder rundliche Vertiefungen, die im Mauerwerk alter Kirchen, z. B. in Bernau, vielfach Vorkommen und aber­gläubischen Gebräuchen ihren Ursprung verdanken. Die Längsrillen sollen, wie man sagt, durch Wetzen der Schwerter ausziehender Krieger entstanden