Heft 
(1907) 15
Seite
168
Einzelbild herunterladen

168

Kleine Mitteilungen.

nachtsstunde vorüber war, fand er sich auf der Brücke wieder, aber er war ganz in Schweiß gebadet. Die Leute sagten nachher: wer sich dieser Gestalt nilhert und nur ein Wort sagt, dem springt der Teufel in Gestalt einer Katze auf den Rücken.

Einem andern Manne ist es ähnlich ergangen. Er sah dort auch ein Reh, als er aber näher kam, bemerkte er statt dessen 3 Katzen, welche sich bissen. Er wollte sie auseinanderbringen und schlug mit seinem Stock dazwischen. Da standen plötzlich 3 Frauen mit Federpuscheln in der Hand vor ihm und schlugen ihn damit solange, bis die Geisterstunde vorüber war.

Der Verlobungs-Schimmel im Volksglauben. Als ich am 16. Mai 1905 die Schülerinnen der 1. Klasse der 70. Gemeindeschule zur Urania führte, bemerkte ich, daß einige Mädchen unterwegs den an uns vorüberfahrenden Fuhrwerken und Reitern ihre besondere Aufmerksamkeit schenkten und die Schimmel zählten. Noch bevor wir die Taubenstraße erreichten, war zur Freude der Zählenden die Zahl 100 erreicht. Natürlich wagte niemand, mir den Grund seiner freudigen Erregung zu offenbaren. Indessen war er mir auch so bekannt: wenn nämlich eine junge Dame bei einem Spaziergange die Schimmel zählt und dabei bis No. 100 kommt, so wird derjenige junge Mann, der ihr unmittelbar darauf begegnet, ihr Bräutigam. Man sagt auch, wer sie zuerst grüßte, werde ihr Bräutigam, oder wer aus dem Hause komme, vor welchem ihr der 100. Schimmel begegne, sei der Auserwählte. Hoffentlich bewahrheitet sich diesmal der Volksaberglaube nicht; denn sonst könnte dem, Jüngling noch etwas bevorstehen: 60 Verlobungen und 59 Entlobungen oder ein interessanter Bigamie Prozeß; denn gezählt haben doch sicher alle 60 Der Schimmel ist auch sonst in Berlin ein Unglückstier. Otto Monke.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cttstriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bernburgerstrasse 14.