Heft 
(1910) 18
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Kleine Mitteilungen.

hervorzuheben ist die liebevolle Fürsorge und das hohe Interesse, welches Herr Bürgermeister Fischer dieser Sache schenkt, in welcher er ein Mittel erblickt, namentlich der Jugend eine Anschauung vom Leben und Treiben der Vorfahren und vom Werdegang der heimischen Kultur zu geben. In warmen Worten gedachte der Herr Bürgermeister, nachdem er Entstehung und Zweck der Sammlung besprochen hatte, der hohen Verdienste der Hohen- zollern, besonders Friedrichs II. für die Entwicklung der Stadt. Die Zister- ciensermönche, sagte er, hätten hier zwar zuerst die materiellen Grundlagen des wirtschaftlichen Lebens geschaffen, Friedrich Wilhelm I. aber und Frie­drich der Große die moralischen Grundlagen des Charakters der Bevölkerung gelegt, indem beide die Bürger durch strenge Zucht zu arbeitstüchtigen und ordnungsliebenden Menschen machten. Diese Zucht des aufgeklärten Despo­tismus wirke noch heut nach, und diese Chatakterzüge seien ein unverlier­barer Schatz des jetzigen Geschlechts geblieben, das gleichzeitig auch ge­schult sei, sich allen wechselnden Formen und Bedürfnissen des modernen wirtschaftlichen Lebens anzupassen Stockt die Tuchfabrikation, so versucht man es sogleich mit einem andern Industriezweig und fabriziert z. B. Hüte. Der Sammlung, die übi-igens trefflich geordnet und in ihren Objekten richtig bestimmt, fehlt es nur noch an einem eigenen Raume, der ihren Wert und ihre Reichhaltigkeit mehr hervortreteu ließe. Bereits jetzt sind die ver­schiedensten Zeitepochen von der Steinzeit an vertreten. Hervorzuheben ist u. a. ein gut erhaltener Bronzekelt. Aus geschichtlicher Zeit sind verschie­dene Akten und Drucksachen (Edikte Friedrich Wilhelms I. usw.), Geräte und Erzeugnisse heimischer Industrie (z. B. die ersten Gewebeproben, die dem Könige zur Prüfung vorgelegt wurden), Innungskrüge und dergl. vor­handen. Daß ein sogenannter Tezelkasten nicht fehlen darf, ist für Lucken­walde selbstverständlich.

Herr Bürgermeister Fischer führte alsdann zur Großen Wollenwaren- fabrik (Besitzer Herr Stadtrat Pariser) in derGeraer Kolonie. Nachdem bereits Friedrich Wilhelm I. der Tuch- und Zeugmacherei sein Interesse zu­gewandt hatte, sodaß sich bis 1740 37 Tuchmacher mit 22 Gesellen und 2 Lehrlingen niedergelassen hatten, auch 1725 eine Tuchmacher-Innung ge­bildet worden war, die bis 1898 bestand, förderte Friedrich II. das Gewerbe in L. stetig durch Ansiedlung geschickter Handwerker aus allen Teilen Deutschlands. Auch eine Walkmühle, die jetzige Wassermühle, war auf Staats­kosten angelegt worden. Von 174150 zogen 25 Familien, Tuchmacher und Wollarbeiter zu; 1750 wurde die Jüterboger Vorstadt gegründet; der König ließ daselbst 22 Häuser erbauen und durch Erbverschreibung vom 15. Ok­tober 1753 an ebensoviele Familien vergeben. 1701 waren 80 Tuchmacher­meister vorhanden, außerdem 190 Wollspinner und Spinnerinnen. Als 1780 die Stadt Gera, in wmlcher die Zeugmacherei besonders blühte, von einem großen Brande heimgesucht wurde, bot der König den obdachlosen Zeug­machern eine neue Heimat in seinen Landen an. Für Luckenwalde wurden 18 Zeugmacher und mehrere Spinner bestimmt. Bis Ende 1781 waren 24 Fa­milien mit 90 Personen zugezogen. Für sie ließ der König von 178285 eine eigene Wollzeugfabrik nach Geraer Art, dieGroße Fabrik in der Geraer Kolonie erbauen, zu der 1785 schon 206 Seelen gehörten. 1794