Kleine Mitteilungen.
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überließ Friedrich Wilhelm II. dem Kaufmann Thomas de Vins die Fabrik erb- und eigentümlich. Nach dessen Tode kaufte sie der Tuchfabrikant Busse (1806) für 2000 Taler.
Für die Kolonistenkinder befahl Friedrich Wilhelm II. am 25. Juli 1789 eine eigene Schule zu errichten, deren Gebäude 1790 fertiggestellt wurde. Sie bestand unter dem Namen der „Gnadenschule (auch „Kolonieschule“) bis zum 1. April 1869.
Die Fabrik wurde nunmehr unter Führung des Herrn Direktors Simon besichtigt. Es werden dort zur Zeit 500 Arbeiter beschäftigt. Der linksseitige friederizianische Backsteinbau trägt noch heut die ursprüngliche Wetterfahne mit der Jahreszahl 1782. Betreten wir die Innenräume, so bemerken wir im Sortiersaal die verschiedensten Rohprodukte für die Spinnerei: Schafwolle aus der Mark neben der feinen australischen. Nach der Reinigung kommt die Wolle zunächst in die Krempelmaschinen. Sie öffnen vermittelst ihrer mit feinsten Drahtbändern umwickelten Walzen die Wolle derartig, daß die einzelnen Fasern zur besseren Fadenvereinigung frei, gestreckt und parallel nebeneinander liegen, entfernen aber auch gleichzeitig etwa noch vorhandene Unreinigkeiten (Stroh, Kletten); sie vermischen die einzelnen Wollsorten in gleichmäßiger Weise, legen selbsttätig Wolle vor und geben dem bedienenden Arbeiter rechtzeitig ein Klingelzeichen. Pelzartig liefern sie ihre Arbeit an Vorspinnkrempel ab; diese verwandeln den Pelz in lockeres zusammengerolltes Vorgarn, indem sie es gleichzeitig auf 40 walzenförmige Vorgarnspulen mit je 30 Fäden befördern. Nun beginnt das eigentliche Spinnen in dem großen mit Ober- und Seitenlicht versehenen Spinnsaal von 2400 qm Bodenfiäche. Riesige, auf Wagen vor- und zurückfahrende, mit je 450 Spindeln versehene Selfaktoren oder Selbstspinner sind es hier, die ein Ausziehen (Strecken) und gleichzeitiges Drehen jener wulstigen Vorgarnfäden bewirken und diese so in das eigentliche Garn verwandeln. Drellier- maschinen vereinigen dann 2 öder mehrere verschiedenartige Fäden durch starkes Drehen zu einem einzelnen starken Faden (gezwirntes Garn). In einem besonderen Raume werden die Garne gefärbt. Eine der wichtigsten Stationen bildet die Weberei, welche aus 5 Websälen mit 140 mechanischen Webstühlen besteht. Die aus dem Websaal kommenden Stoffe gelangen in den Kontroll- und Korrektursaal, wo sie von kunstgeübten Händen von kleinen Webefehlern, Knötchen und Unebenheiten befreit werden. In der Walkerei erhalten die Stoffe durch die quetschende Bewegung der Walkmaschine eine größere Festigkeit, da die Härchen des locker gesponnenen Garnes einander näher gerückt werden, wobei sie vermöge ihrer rauhen, mit Widerhäkchen versehenen Oberfläche inniger in Berührung kommen. In der Rauherei werden durch besondere Apparate die losen Enden der Woll- härchen aus der Zeugfläche herausgezogen und parallel gelegt. Sind die Stoffe im Trockenraum mit seinen Rahm- oder Spannmaschinen getrocknet, so werden sie geschoren und geglättet. Die „große Fabrik“ stellt u. a. auch das unverwüstliche graue und resedafarbene Militärtuch her. Neben der Tuchfabrikation, die unter dem Wettbewerb des In- und Auslandes zu leiden hatte, entwickelte sich in L. seit 1875 die Hutindustrie, weil sich die Nachfrage nach weichen Filzhüten steigerte, und schon um die Wende des
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