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Kleine Mitteilungen.
19. Jahrhunderts galt Luckenwalde, das wöchentlich etwa 12000 höchst moderne „Behauptungen“ aufstellte, als der Mittelpunkt der heimischen Hutmacherei, als der bedeutendste Platz Deutschlands für wollene Hüte. Durch Herstellung und Verbesserung der erforderlichen Maschinen fanden Maschinenbauer lohnenden Erwerb. Daneben entwickelte sich im letzten Jahrzehnt die Luckenwalder Bronzewarenfabrikation (MöbelbeschlJigc). So wußte sich die unter hervorragend intelligenter, weitschauender Leitung stehende Bevölkerung stets geschickt den wechselnden Bedürfnissen und Forderungen des praktischen Lebens anzupassen.
Nach Besichtigung der „Großen Fabrik“ wurde die Johanniskirche besucht. Die ursprüngliche Johanniskirche stammte wahrscheinlich, wie Herr Bürgermeister Fischer mitteilte, aus dem Jahre 1183. Im Jahre 1285 fand bereits ein Neubau statt und nach der Zerstörung der Kirche gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts anno 1450 ein zweiter, der anscheinend in so großer Eile erfolgte, daß die ungewöhnliche Regellosigkeit des Baues vermutlich darauf zurückzuführen ist: die Hauptachse des Gebüudes steht nicht normal zur westlichen Giebelwand, die beiden Schiffe haben verschiedene Breite und die Innenpfeiler ungleiche Entfernungen von einander. Bei den Renovierungsarbeiten von 1901 — 1903, wobei auch der eigenartige „Zierbalken“, die Stiftung eines Luckenwalder Ehepaares, einen bessern, d. h. weniger in die Augen fallenden Platz erhielt, fand man unter der Tünche im Innern alte Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert, die man wegen ihres kulturgeschichtlichen Wertes — einen anderen haben sie teilweise wohl kaum — wiederherstellte. (Maler Kutschmann.) Ob die Erklärung, welche man in Luckenwalde über die an den Deckengewölben angebrachten Fratzen — Gesichter, die dem Beschauer die Zunge weisen — aufgestellt hat, die richtige ist, mag dahingestellt bleiben: man nimmt nämlich an, es habe anno 1450 kein Künstler zur Verfügung gestanden und die Malerei sei einfachen Handwerkern übertragen worden, welche ihre Aufgabe, so gut sie es vermochten, erledigten und nur solche Figuren malten, auf welche sie „gedrillt“ waren. Außen fallt besonders der neue stattliche Westgiebel in spätgotischen Formen ins Auge; er schließt sich jedoch nicht unmittelbar an die alten Mauern der Kirche an; man hat vielmehr, um statt der schiefen Winkel des alten Gebäudes rechte Winkel zu erhalten und um außerhalb des Kirchenschiffes den Raum für ein Treppenhaus zu gewinnen, einen Westanbau geschaffen. An der Außenwand der Kirche fand Herr Geheimrat Friedei verschiedene der bekannten zu aberläubischen Zwecken in katholischer Zeit gedient habenden Rundmarken, über deren Bedeutung in L. nichts bekannt ist.
Nach Tisch fuhren die Teilnehmer nach dem von Friedrich dem Großen angelegten Hüttenwerk Gottow; daß dort vor 400 Jahren bereits ein von Zinnaer Mönchen angelegter Eisenhammer bestand, der aber wahrscheinlich z. Z. des 30 jährigen Krieges einging, ergibt sich aus den Akten des Geh. Staatsarchivs zu Berlin. Nach dem Erbbuche des Amtes Zinna besaß auch Scharfenbrück einen Eisenhammer. Friedrich II. ließ nun in dem Bestreben, sich inbezug auf die Eisenindustrie vom Auslande unabhängig zu machen, das „Eisenhüttenwerk Gottow“ neu erstehen. Hier wurden zum Teil die Kugeln und Bomben für das preußische Heer, namentlich während des