Heft 
(1910) 18
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Kleine Mitteilungen.

Eine Heiratskasse in der Neumark. Eine eigenartige lleirats- oder Aussteuerkasse bestand in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in den Städten Friedeberg und Woldenberg in der Neumark. Der Rektor Christian Gottlieb Schreiber in Perleberg berichtet hierüber folgendes:

Nachricht von einer Jungfern-Sozietät. In beineideten Städten Friedeberg und Woldenberg haben hundert Jungfern mit einander einen Vertrag errichtet, sich äußerst zu bemühen, einen tugendhaften Wandel zu führen, und wenn eine aus ihrer Mitte heiratet, so wollen die übrigen jede 3 TL zu einem Brautschatz geben und gleich eine andere fromme Jungfer an der abgegangenen Stelle rezipieren, damit die Zahl hundert immer voll bleibe. Welche bei ihnen um Rezeption bittet, gibt 1 TI. 6 Gr. und heißt solange eine Expektantin, bis sie ein membrum ordinarium wird. Solche Expektantinnen sind jetzo aber 400 und werden deren so viel angenommen, als sich melden, doch so, daß sie von honetten Eltern geboren sind und sich durch gute Aufführung beliebt gemacht haben.

Außer dem gewöhnlichen Beitrag der 3 Thl. Hochzeitsteuer geben membra ordinaria alle Jahre auf Johannis 6 Gr. zur Jungfernlade. Weil manche Jungfer eher, manche etwas später heiratet, folglich eine öfter als die andere Beitrag thut, so haben sie nach Proportion ihres Beitrages fol­gendes aus der Jungfernkasse: Welche zuträgt:

15 mal

hebet 50 TI.

6-10

80

11-15

100

16-20

140

' 2125

200

Geschieht es, daß eine Jungfer als Expektantin stirbt, so fällt das Ein­trittsgeld 1 Thl. 6 Gr. der Kasse, anheim. Stirbt sie als ein membrum ordi­narium unverheiratet, so bekommen die rechtmäßigen Erbfen die halbe Summe des Brautschatzes zurück. Z. B.: Es hätte eine Jungfer 25 mal beigetragen, so würde sie 200 Thl. haben; nun aber haben die Erben 100 Thl., dazu jede Jungfer 1 Thl. 12 Gr. kontribuirt. Wofern sich aber eine Person verginge und durch Übertretung des sechsten Gebots den Jungferntitel verlöre, so ist ihr ganzer Einsatz verloren, und wenn sie 200 Thl. in der Kasse zu stehen hätte, so erhält sie doch nichts.

Die Verwaltung der Kasse wird von Direktoren und Beisitzern geführt. Der jährliche Konvent wird auf Johannis abgehalten. Die Anstalten sind von Sr. Majestät dem Könige gnädigst konfirmirt worden. Nach dieser Einrichtung sind 12 16 Jungfern manches Jahr ausgesteuert worden. Fr. Wieneckc.

Ehemalige Gedächtnistafel in der Jungfernheide. U. M. Herr Dr. A. Heller teilt folgendes mit ausMartinis Berlinischen Sammlungen zur Beförderung der Arzneywissenschaft, der Naturgeschichte u. s. w. Berlin, bey Joachim Pauli. 1. Bd. 1768, S. 299.

In der sogenannten Jungfernheide hinter der Pulvermühle, nahe an dem jetzigen Schonort befindet sich eine hölzerne Tafel, viereckig, etwa 2'/a Schuh breit und 2'/* Schuh hoch. Sie ist braunrot gestrichen, mit schmalen