Heft 
(1910) 18
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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zogen sich die preußischen Truppen nach Spandau zurück, und die Stadt ergab sich am 8. an Tottleben. Die Beschaffenheit der gefundenen Geschosse entspricht dem Kaliber der damals üblichen Kanonen. E. Fr.

Herr Domprobst Dr. Friedrich Schneider, einer der hervorragend­sten kirchlichen Altertumskenner, Freund Kaiser Friedrichs, macht in der hoch ansehnlichen ZeitschriftDie Denkmalspflege vom 9. Mai 1906 folgende interessante Mitteilung:

Das Wilsnacker Pilgerzeichen. In den wertvollen Ausführungen von P. Eichholz über das Wilsnacker Pilgerzeichen und den schönen Denk­stein an der Wallfahrtskirche in Wilsnack (Denkmalpflege Nr. 5, 11. April d. Js., S. 40 I.) wird in zutreffender Weise aus dem Wilsnacker Pilgerzeichen hergeleitet seine Deutung, diebisher noch der genaueren Erklärung harrte. Beide Darstellungen, auf dem Pilgerzeichen wie auf dem Denkstein, finden übrigens ihre Erläuterung und Bestätigung aus verwandten Darstellungen, so aus einer steinernen Gedächtnistafel in Flachbildhauerei mit Abbildung eines ähnlichen Sakramentswunders an der Pfarrkirche in Partenheim (Rhein­hessen) vom Jahre 1435 (Abbildung und Einzelheiten bei Falk, Heiliges Mainz, 1877, S. 264 u. f.).

Die Worte der Spruchbänder, wovon leider nur noch der Anfang lesbar: Ecce panis, ergänzen sich ebenso sicher als leicht aus dem Hymnus des heiligen Thomas von Acquin, der alsSequenz in der Messe des Fron­leichnamsfestes aufgenommen ist. Die angezogenen Worte gehören der viertletzten Strophe des Hymnus an und lauten vollständig:

Ecce panis angelorum,

Factus cibus viatorum:

Vere panis filiorum,

Non mittendus canibus.

Vielleicht waren nur die Worte der ersten Verszeile auf dem einen Spruchband ausgehauen und auf dem zweiten der Anfang der vorletzten Strophe: Bone pastor panis vere: in jedem Falle wurde die Kenntnis dieses liturgischen Textes, die in den weitesten Kreisen im Mittelalter (wie heute noch in den romanischen und katholischen Ländern) geläufig war, voraus­gesetzt. Die Schlußworte bei dem Gedächtnis des Pfarrers Johannes Cabbues invento latranieti bieten keine sichere Lesung; vielleicht könnte es sich um die latinisierte Ableitung aus dem Griechischenlatreia, latreuo im Sinne vonVenerabile anbetungswürdig handeln, was hier durchaus sinnent­sprechend wäre, indem Johannes Cabbues als Pfarrer bezeichnet wird, als die verehrungswürdigen Hostien mit dem heilgen Blut aufgefunden und erhoben wurden.

Gewöhnlich nimmt man, beiläufig, an, daß die verkäuflichen bleiernen Wilsnacker Pilgerzeichen drei Blutstropfen darstellen zum Zeichen des bekannten Blutswunders und daß sie im Havelberger Dom in Masse her­gestellt und vom Bischof geweiht wurden. E. Fr.