Heft 
(1910) 18
Seite
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Kleine Mitteilungen.

Moderne Moorleichen. Zu den interessantesten anthropologischen Resten der Vorzeit gehören die Moorleichen, d. h. die körperlichen Überreste von Unglücklichen, die teils absichtlich lebendig in Moraste versenkt sind, teils im Morast auf klägliche Weise langsam ums Leben kamen. Zur ersten Gruppe gehören die Ehebrecher germanischer Zeit, welche nach der Über­lieferung versenkt und mit Pfählen festgemacht wurden. Dahin rechnet man den in Schleswig ausgegrabenen verpfählten weiblichen Leichnam, der aui die Königin Thyra bezogen wird. Schleswig-Holstein ist an Moorfunden Ver­unglückter reich, und hat die Direktorin des Kieler Altertümer-Museums, Fräulein Professor Dr. Johanna Mestorf, eine Monographie hierüber geschrieben. Wie dergleichen Unglücksfälle sich zutragen, lehren mehrere Fälle der Neu­zeit. Vor einigen Jahren versank ein Mann im Langen Fenn, welches die Grenze zwischen der Jungfernhaide und der Stadt Berlin im Weddingstadtteil westlich der Müllerstraße bildet. Der verstorbene Professor an der Kadetten­anstalt in Groß-Lichterfelde, Herr Schottmüller, teilte mir vor etwa 20 Jahren einen Fall aus dem Grunewald nahe dem Rhinmeistersee mit, wo ein Knecht beim Ileumachen vor den Augen seiner Gefährten, die ihm nicht helfen konnten, versank, ohne daß auch nur die Leiche geborgen werden konnte.

Im Oktober 1905 verunglückte ähnlich in der Umgegend von Spandau der Fischer Schindler. Er hatte sich am 30. abends hinausbegeben, um zu fischen. Um auf kürzerem Wege nach seinem auf der Havel bei Tiefwerder vor Anker liegenden Kahn zu gelangen, verließ er den ordentlichen Weg und ging über die Uferwiesen. Hierbei geriet er in eine sumpfige Stelle, aus der er sich nicht mehr zu retten vermochte. Auf seine Hilferufe kamen aus den benachbarten Gärtnereien mehrere Personen hinzu; diese wagten aber nicht, sich der morastigen Stelle zu nähern, da sie gleichfalls in den weichen Erdboden einsanken. Bevor zweckmäßige Rettungs-Gerätschaften herbei­geschafft waren, war der Unglückliche vor den Augen der umstehenden Leute immer w-eiter im Morast verschwunden, um darin einen jammervollen Tod zu finden.

Im Lauf der Jahre sind dem Märkischen Museum nicht selten Nach­richten von Moorleichen zugegangen. In der Mehrzahl der Fälle dürfte es sich um Menschen (meist Männer) handeln, die bei der Fischerei oder Jagd verunglückten. E. Fr.

Havelländische Wetterregel: Wenn die wilden Gänse nach Süden ziehen, dann wirds kalt. Wenn die Hunde Gras fressen, gibts Regen.

De Sunn schient upp den natten Busch,

Ett geft bald weddern Husch. 0. Monke.

Volksaberglaube. DasKnacken in den Fingergelenken bedeutet Reichtum. (Westhavelland.) O. Monke.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cüstriner Platz ö. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bemburgerstr. 14.