Heft 
(1910) 18
Seite
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Kleine Mitteilungen.

Mordkreuze. Zu der im Dezember 1906 durch die öffentlichen Bllltter gegangenen Nachricht über den an der Döberitzer Heerstraße, jetzt Kaiser­damm genannt, kürzlich gefüllten Baum mit dem eingchauencn Kreuz, welches an die Untat des berüchtigten Raubmörders Thürolf erinnerte, wird nns durch Herrn 0. Monke ergänzend mitgeteilt, daß die Sitte, auf diese Weise die Erinnerung an eine Bluttat oder an einem Unglücksfall wachzucrhaltcn, besonders in der Mark Brandenburg durchaus volkstümlich und weit ver­breitet ist. Wird jemand im Walde ermordet, so kennzeichnet man die Mordstelle gewöhnlich durch einen Reisighaufen, auf welchen Vorübergehende ein Zweiglein werfen müssen, und nennt die Stelle denTotschlag, den Reisighaufen aber dentoten Mann. Steht ein Baum in der NUhe, so werden Kreuze, oft drei, vier, fünf, hineingeschnitten; geht er ein, so kommt es sogar vor, daß ein Baum in der Nachbarschaftgekreuzt wird. Solche gekreuzten Bäume kommen z. B. vor bei Wandlitz (nordwestlich von Bernau), in der Nähe derSteinernen Brücke (nördlich von Summt), an der Chaussee bei Quarmaten (westlich von Nauen), am Wege zwischen Kremmen und Oranien­burg, bei Treuenbrietzen (Landwehrfichte), früher auch bei Joachimsthal am Wege nach Glambeck und an vielen anderen Orten. Bei Berlin stand vor etwa 50 Jahren im Treptower Park ein mit einem Kreuz gezeichneter Baum, an dem sich jemand erhängt hatte. War es nun Zufall oder Absicht, jedenfalls wählte am 27. Juli 1850 ein Liebespaar gerade diese Stelle, um dort einen längst geplanten Doppelselbstmord auszuführen. Gegen 11 Uhr abends fand man unter dem Baum mit dem Kreuz die beiden Leichen und daneben ein doppelläufiges Terzerol.

Das Nonnenfließ und die vier romantischen Mühlen. Von Otto Monke. (Vergl. Stadt- und Landbote für Eberswalde vom 31. August 1906). Die Mehrzahl der Berliner Sonntagsausflügler, welche nach Eberswalde und Umgendbei Bude 45 aussteigen, bleibt bereits in dem prächtigen Restaurant am Wasserfall hängen, einigen gelingt es wohl, sich bis zum sagenumwobenen Liesenkrüz durchzuschlagen, und nur ganz wenigen, die erste der romantischen Mühlen am Tuchener Fließ, die Untermühle, auch Schönholzer Schneidemühle genannt, zu erreichen. Das zahlreiche Vorkommen des Pfefferlings ist ein sicherer Beweis dafür, daß der obere Teil des Nonnenfließes von Sonntags- ausflüglern verschont bleibt. Und doch empfiehlt sich die Untermühle rüstigen Wanderern als zweckmäßiger Ausgangspunkt für reizvolle Touren durch die Niederung des Tuchener Fließes bis zur Obermühle bei Tuchen. Wer den 5 Morgen großen Schönholzer Mühlenteich auf der östlichen Seite umgeht, verläßt natürlich die Region des Laubholzes, das ihn am Nonnen­fließ entzückte; aber der Pfad, der durch märkischen Sand zur Mittelmühlc führt, ist nicht ohne Reiz. Die Poesie der Einöde, die ihn umfängt, der aromatische Harzduft der vielgestaltigen Kiefern, der ihn belebt, der zart­blaue Schleier, der über den fernen bewaldeten Höhen ruht, bewirken die harmonischeEinstimmung. Bald ist die Neue Mühle und der nahegelegene mit Wasserrosen bedeckte Mühlenteich erreicht. Welcher Gegensatz des