Heft 
(1910) 18
Seite
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Kleine Mitteilungen.

Wettersprüchlein der Schiffer. Als vor drei Jahrzehnten die Über­fahrt von der Woltersdorfer Schleuse Uber den Flakensec zunt Bahnhof Erkner noch für einen Sechser im kleinen Fischerkahn geschah, habe ich sehr oft von den alten Fischern das Wettcrsprücblein anfUhrcn gehört:

Wies Wetter sich am Freitag halt,

So es sich auch am Sonntag stellt.

K. JUlicher.

Zum groBstädtischen Aberglauben. Außer zwei anderen weisen Frauen (merkwürdiger Weise hat niemals ein Mann solch tiefen Forscher­blick in die Zukunft) inseriert fast täglich imRixdorfer Tageblatt Frau Wachner, Badenerstraße 77, v. III:Karten, Blei, Ei, Handlinien, auch nach Himmelszeichcn, auch Sonntags, deutet berühmt erfolgreich.

R. Jülicher.

Eine Starenversammlung in Berlin. An das Scheffelsche Lied:Der Heini von Steier ist wieder im Land erinnerte mich lebhaft am 7. Marz 1908 das ungewohnte und höchst interessante Schauspiel einer riesig zahlreichen Starenversammlung am Opemplatz. Tausende der schwarzglllnzenden Vögel umflogen in eleganten Schwärmbewegungcn die Kuppel der Hedwigskirche und drängend und sich buffend versuchten viele, auf dem funkelnden Kreuz von St. Hedwig Platz zu nehmen, was allerdings immer nur wenigen gelang, die aber auch des erhabenen Sitzes nicht lange froh werden konnten, sondern von den Konkurrenten bald immer wieder verdrllngt wurden. Der höchst drollige Anblick bewirkte es, daß Bankbeamte (gegenüber steht ja die, das Storchwappen führende Bank des Berliner Kassen Vereins), Kellner, Passanten lange stehen blieben, um sich an diesem Freitheater zu ergötzen. Wenn auch sich nicht erfüllte:Der Hirt läßt die Herde, der Bauer den Pflug so doch aus dem Keller neben der genannten BankDer Wirt ließ den Krug. R. JUlicher.

De Schörte. Zum ländlichen Tanz in der Mark gehörte und gehört stellenweis noch jetzt, als eine alte, schamhafte Bekleidungsrückerinnerung, die Schürze, plattdeutsch de Schörte. Prächtig, je nach dem Geschmack und den Mitteln ihrer Trägerin war sie mit Nadelarbeit, in Gebildweberei oder auch nur mit Buntdruck verziert und galt als ausgesprochener Tanz­schmuck, wie das Zuwinken mit der Schürze untrügliche Aufforderung zum Tanz war. Die Sonntagstracht wurde durch das Vorbinden einer Sonntags- auch Tändelschürze noch festlicher gestaltet, im Gegensatz zur Jetztzeit, wo das Tragen einer Schürze unfein ist, zumal bei Festlichkeiten oder an Feier­tagen. Dafür hat beim weiblichen Geschlecht auf Bällen eine Entblößung der Halspartien stattgefunden, die unseren gewiß sonst derbsinnlichen Natur­kindernschanierlich gewesen wäre. Die ländliche Tänzerin von ehedem schürzte den Rock durch die Schürze etwas hoch, damit die Beine beim Tanz ungehindert waren, jetzt fehlts oben am Halse an Kleidung, dafür