Heft 
(1911) 19
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14. (11. außeronlentl.) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.

lassen, die meist in schnurgerader Richtung angelegt sind, damit die Be­nutzer das gewünschte Ziel in möglichst kurzer Zeit erreichen können, und die, dem modernen Schönheitssinn entsprechend, vielfach als Pracht­straßen ausgebaut sind.

Einer dieser neuen Verkehrswege ist die Döberitzer Heerstraße, die nicht allein als eine gute und breite Verbindungsstraße von der Reichs­hauptstadt mit dem Grunewald, den Havelufern und dem Havellande an­gelegt ist, sondern wie der Name erkennen läßt, den Zweck hat, einen schnellen und ungehinderten Truppentransport von Berlin nach dem Militär-Übungsplatz Döberitz zu ermöglichen.

Der Gedanke, durch eine Verlängerung und Verbreiterung der Bismarckstraße in Charlottenburg eine geeignetere Verbindung dieser Stadt mit dem Grunewald und dem Westen zu schaffen als über Westend oder über Halensee, tauchte bereits im Jahre 1898 auf. Damals veröffent­lichte der Regierungs-Bauführer Ludwig Her eher*) in derDeutschen Bauzeitung (No. 15 vom 19. Februar 1898) einen Aufsatz, in dem er die Vorteile einer Verlängerung der Bismarckstraße über das Charlotten­burger Schützenhaus nach Westen hinaus und einer direkten Ver­bindungsstraße vomKnie in Charlottenburg durch die verbreiterte Bismarckstraße bis zur Picheisberger Chaussee nachwies und hervorhob, daß durch eine Überbrückung der Ringbahn hinter dem Schützenhause ein bequemer Zugang zu der Höhe von Westend, dem sogenannten Spandauer Berge, nach dem Grunewald und nach der Havel geschaffen werden könne. Der Gedanke, den Hercher später in einer Broschüre**) weiter ausführte, fand Anklang in maßgebenden Kreisen, namentlich bei den Be­sitzern der von der geplanten Verbindungsstraße berührten Grundstücke, so bei der Deutschen Bank, die südlich und südwestlich von Westend Baugelände besaß, und der Plan Herchers wurde in Zeitungen und Fach­zeitschriften von allen Seiten beleuchtet. Durch diese Erörterungen wurden die Militärbehörden auf den großartigen Plan aufmerksam gemacht. Sie erkannten sofort, welche Vorteile eine solche Verbindungsstraße von der Reichshauptstadt nach der Havel und dem Havellande für Truppen­märsche nach dem neuen Döberitzer Übungsplatz darbieten würde, und da dieser von großer Bedeutung für die kriegsmäßigen Übungen des Gardekorps ist, so lag der Militärbehörde sehr viel daran, einen direkten Verbindungsweg von Berlin nach dem Übungsplatz zu schaffen. Von den beiden anderen in Frage kommenden Garnisonstädten Potsdam und Spandau war das Gelände bei Döberitz, verhältnismäßig leicht zu er­reichen, von Berlin mußten die Truppen aber den Umweg über Spandau machen, da unterhalb dieser Stadt keine Brücke über die Havel führte.

*) Jetzt Kreisbauinspektor in Wiesbaden.

**) L. Hercher, die Entwickelung Groß-Berlins im Westen. Coblenz [1899].