70 Elisabeth Lemke,
empfand ich dankbar, als ich im Jahre 190C durch die Aschenmengen in nnd nm Neapel dringen mußte.
Neben der Ausnutzung im Haushalt und in Fabriken steht die uralte und weitverbreitete volkstümliche Bedeutung der Citrone: wo ein zuerst selbstverständlicher, einfacher Gebrauch symbolischen Charakter erhielt oder nur noch gewohnheitsmäßig und „ohne Sinn* sich weiter vererbte.
In Brandenburg a. d. H. gehen bei Leichenbegängnissen zwei Altgesellen mit einem Winkelmaß, auf dem eine Citrone befestigt ist — Früher trug der Küster, der den Leichenzug anführt eine Citrone in der Hand.
In Berlin hatten noch in den Jahren 1870—80 bei Begräbnissen Zimmerleute und Maurer Citronen auf dem Winkeleisen.
Die Halloren (Halle) begleiten bei Leichenbegängnissen die Leiche und tragen dabei eine Citrone in der Hand.
August Baumgart erwähnt in der Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde (1918, S. 152) aus dem mittelschlesischen Dorf leben, daß die Citronen, die bei Begräbnissen von den Trägern in der linken Hand gehalten werden müssen, in das Grab auf den Sarg geworfen werden.
Prof. Dr. Schönaich (Breslau) sagte: in ganz Schlesien bekommen der Tote, der Geistliche und der Totengräber eine Citrone in die Hand.
In Hannover haben die Bäckergesellen den Brauch, daß beim Begräbnis eines Mitgliedes der Bäckergesellschaft die (die Pferde führenden) Leichenträger Citronen in den Händen halten. — Durch verschiedene Zeitungen ging vor kurzem die Erklärung, daß nach alter Überlieferung dieser Gebrauch der Bäckergesellenbrüderschaft durch einen hannoverschen Fürsten verliehen worden sei, dem einst ein Bäckergeselle das Leben gerettet hatte.
Herr G.-R. Friedei hat im Jahre 1848 im Hamburg gesehen, daß die Männer, die bei Begräbnissen dem Wagen zunächst gehen und nachher den Sarg zur Gruft tragen, eine Citrone in der Hand hielten. — (Nach einer weiteren Mitteilung des Herrn Fr. hatten die Leichendiener neben dem Wagen in jeder Hand eine Citrone.) — Herr Fr. berichtet auch von Lübeck, wo bei den im Rathause hängenden Bildnissen der Bürgermeister diejenigen Bürgermeister, die nach ihrem Tode gemalt worden sind, eine Citrone in der Hand halten.
In Michael Gottlieb Fuchs’ Beschreibung der Stadt Elbing und ihres Gebietes (1818, II, S. 251 f.) lesen wir: 1767 sollte ein Deserteur des in Elbing stehenden kgl. polnischen Regiment gehängt werden. Am Morgen des 22. Deceinber marschierte eine Compagnie des Regiments mit den Hautboisten vor die Herberge der Zimmerleute in der Fischerstraße, von wo der Zug über den Markt und hinaus zum Militairgalgen ging. Vier Altgesellen trugen Winkeleisen, auf denen Citronen steckten.