Heft 
(1914) 22
Seite
79
Einzelbild herunterladen

Kulturgeschichtliches Uber die Citrone. Kleine Mitteilungen.

79

Schlächter herumführt auf jedem Horn eine Citrone tragen, sondern daU diese Ausschmückung auch uuf dem Schlachthofe in Berlin vorkomme.

Unsagbar viele Citrnnen trugen auf ihren Hörnern und um den Hals jene Ochsen, die ich in einer großen Prozession zu sehen bekam: am Fest des heil, ßertorio in Samatzai auf Sardinien.

Die Citrone belebt nicht nur, sie kann auch in verschiedener Weise beruhigen, wenigstens nach Mitteilung von Prof. Schönaich- Breslau: dort erhielt bei einer althergebrachten Schützenfeier der schlechteste Schütze zurBeruhigung eine Citrone.

Vielleicht hatte jener Schütze nach dem Genuß der Citrone Träume, in denen die Hespriden ihn lieblich umgaukelten, die Hespriden, die mit Hilfe des hundertköpfigen Drachen Ladon in ihren Gärten die goldenen Äpfel bewachten, welche Hera bei ihrer Verheiratung mit Zeus von der Gäa als Hochzeitsgeschenk erhalten hatte. Diese Gärten der Hespriden sind geographisch nicht sicher festgestellt. Aber Sie, geehrte Anwesende, haben bemerkt, daß immer noch nicht nur bei Be­gräbnissen, sondern auch bei Hochzeiten jeuegoldenen Äpfel eine Rolle spielen. Brautpaare unter Ihnen werden sich nun vielleicht vor­nehmen, an ihrer Hochzeitsfeier nicht die Citrone zu vergessen.

Kleine Mitteilungen.

Heilige Männer. Von Friedrich Wienecke. Die Kolonisation der Mark Brandenburg war gleichzeitig eine Germanisierung der Bevölkerung und Christiniesierung der in ihr wohnenden Wenden. Wie die deutschen Ritter und Bauern wurden auch die Kirchen und Pfarren mit Land dotiert, dessen Größe gleich dem Besitz eines Bauerngutes war. In der ältesten Zeit war es Pflicht der Bauern, die Kirchenländereien zu beackern und zu besäen und die Erträge zugunsten der Kirche zu verkaufen. Die Gotteshaus­leute, Kirchenälteste, hatten die Aufgabe, die Arbeit und den Verkauf zu überwachen. Zur Unterbringung des Getreides erbaute man für die Kirche diehilgen Schün", d. i. heilige Scheune. Je mehr aber die Bauern von den Grunderren mit Ackerdiensten belastet wurden, desto weniger konnten sie ihren Verpflichtungen gegen die Kirche nachkommen. Da griff man zu andern Mitteln. Entweder nahmen die Junker den Acker in Bewirtschaftung und entrichteten der Kirche dafür eine jährliche Abgabe, oder der Acker wurde unter die Bauern verteilt, die dann ebenfalls zu einer Abgabe, Kanon genannt, verpflichtet waren. Hin und wieder verpachtete man ihn im ganzen an einen Bauern oder Kossäten. Diese Pächter hießen nicht nur im Volks­munde, sondern auch amtlichheilige Männer. Sie waren nicht wie andere Bauern und Kossäten zum Hof dienst verpflichtet (Entscheidung 25. April 1625) und frei von der Kontribution (3. Juli 1656). Ihre Wahl