Heft 
(1914) 22
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Kleine Mitteilungen.

erfolgte durch Patron, Pfarrer, Schulzen und Gotteshausleute (9. Januar 1613). Durch Entscheidung vom 7. Mllrz 1618 verpflichtete man sie zum Nachbar- recht, d. h. zur Beihilfe bei Kirchen-, Pfarr- und Klistcrbautcn und zum Hirtenlohn; gleich wie die anderen Bauern hatten sie bei Märschen der Soldaten Vorspann zu leisten und Einquartierung zu leisten. Ihre Pachtung dauerte aut Lebenszeit; und die einmal festgesetzte Pachtsumrae durfte nicht erhöht werden. Eigenartig war ihre rechtliche Stellung. Kür ihre Person und Familie standen sie unter dem Dorf-(Patrimonial-)Gericht, wenn sie sich weigerten, zu den dörflichen Lasten und Beiträgen beiznsteuem, und wenn sie den Nachbar auf der Straße beleidigten. Geschah aber die Beleidigung auf dem Kirchhofe oder heiligen Hofe oder auf dem heiligen Felde, so unterstanden sie dem geistlichen Gericht, später dem Kammer­gericht, wie die Grundherren und Geistlichen.

Heilige Männer wurden im Volksmunde auch die Pächter des Pfarr- ackers genannt. Diese standen zu dem Pfarrer in gleichem Verhältnis wie die Pachtbauern zu ihrem Grundherrn. Die Pfarrer durften die Pachtsumme nicht willkürlich erhöhen (Entscheidung 12. März 1611) und die Bauern nicht mit Reisen aufhalten und beschweren (9. Pebruar 1613). Sie mußten auf Reisen für Zehrung und Unterkommen sorgen und sich der Bauern bei Klagen oder Bedrückung annehmen. Verboten war cs den Pfarrern, die Dienste aufsummen zu lassen; doch aber konnten diese auf bequemere Zeit verschoben werden.

Hatten die heiligen Männer steuerpflichtige Hufen im Besitz oder gepachtet, so waren sie gleich wie die anderen Bauern zu Hofdiensten verpflichtet.

Das Fenster ohne Fensterkreuz. Am Palais Friedrich Wilhelms III., gegenüber dem Zeughause, befindet sich auf der dem Prinzessinnenpalais zugewendeten Seite (Oberwallstraße) ein Fenster, das nur eine einzige große Scheibe besitzt, während alle übrigen kleinere Scheiben und Fensterkreuze haben. Die Berliner Volkssage erklärt die eine Ausnahme folgendermaßen: König Friedrich Wilhelm 111. war ein guter Familienvater und liebte seine Töchter zärtlich. Wenn er nun zu ihnen hinüberschauen wollte, störte ihn das Fensterkreuz. Darum ließ er es herausnehmen und eine einzige große Spiegelscheibe einsetzen; die mußte der Diener jeden Morgen spiegelblank putzen. Das Fenster hat man so gelassen bis auf den heutigen Tag, und die Scheibe wird noch immer so blank geputzt, daß jede Hausfrau, die das Fenster sieht, ihre helle Freude darüber haben muß. Otto Monke.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cüstriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei G. m. b. H., Berlin, Bernburgerstr. 14.