Heft 
(1914) 22
Seite
104
Einzelbild herunterladen

Kleine Mitteilungen.

<. ...

104

Zepter der Hohenzollern vereinigt worden sind. Es wurde gezeigt, wie in dieser Epoche hauptsächlich die wirtschaftlich-soziale Kraft und die politische Vorzugsstellung des grundbesitzenden Adels wurzelt.

Dann folgt die zweite Epoche, in der alle diese Landschaften zu Provinzen eines Gesamtstaats verbunden und mehr und mehr miteinander verschmolzen werden unter dem absolutistischen Regiment des Großen Kur­fürsten und seiner Nachfolger im 18. Jahrhundert. Das ist die Epoche des Kampfes und der Auseinandersetzung zwischen den Fürsten, die den Gedanken des militärischen Großstaats verfolgen, und dem Adel der Provinzen, der anfänglich diesem neuen Staatsgedanken widerstrebt, der aber schließlich damit endet, sich rückhaltlos in seinen Dienst zu stellen. Es wurde namentlich darauf hingewiesen, wie unter Friedrich dem Großen an Stelle der Kampf­stimmung und des Mißtrauens, die noch unter seinem Vorgänger herrschten, auf Grund der großen Leistungen des adligen Oftizierkorps für den Staat ein enger Bund zwischen Krone nnd Adel geschlossen worden ist, der seine Wirkungen noch bis in die Gegenwart äußert, und daß in dem Adel der östlichen Provinzen zuerst eine spezifisch preußische monarchische Staats- gesinnung erwachsen ist, die dann später auch anderen Ständen sich mitteilte. Die dritte Epoche endlich, in der wir selbst noch leben, ist die des vollendeten Einheitsstaats, der nach dem inneren Gesetz staatlichen Lebens zugleich zum konstitutionellen Verfassungsstaat wird, unter grundsätzlicher Beseitigung der adligen Privilegien und mit der Tendenz, das Ideal der staatsbürgerlichen Gleichheit fortschreitend zu verwirklichen. In dieser Epoche genießt der Adel noch die Früchte der engen Verbindung mit dem Thron, die seine Hingabe an den monarchischen Militär- und Beamtenstaat begründet hat, und auch noch viele Vorteile, die von seiner alten wirtschaftlich-sozialen Vorzugs­stellung übrig geblieben sind; aber die frühere Exklusivität seiner Stellung in Staat und Gesellschaft ist dahin: auf allen Gebieten des Lebens ist der Mitbewerb der bürgerlichen Stände mit gewaltiger Wucht und siegreichem Erfolge vorgedrungen, und auch der Herrscher ist nicht mehr so ausschließlich wie früher von adligen Elementen umgeben, namentlich bei der Staats- regierung.

An mein Volk! Herr Geh. Archivrat Dr. Bailleu besprach in der Sitzung des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg vom 12. März 1913 ein Faksimile dieses Aufrufs und zwar des ersten Entwurfs von der Hand Theodor Gottlieb v. Hippels mit den Aenderungen Hardenbergs, nach dem im Geh. Staatsarchiv befindlichen Originale. Er knüpfte hieran einige Mit­teilungen über die Vorgeschichte desAufrufs an mein Volk. Ein erster Entwurf in französischer Sprache ist von Ancillon und umfaßte nicht weniger als 29 Folioseiten. Hardenberg hat ihn durchkorrigiert und dann an Gneisenau weitergegeben, der ihn mit kritischen Bemerkungen begleitete, schließlich aber überhanpt für ungeeignet erklärte. Auf seine Veranlassung wurde der Entwurf in einem Komitee bei Hardenberg verlesen, der ihn dann auch verwarf und darüber noch mit Ancillon aneinandergeriet. In diesem Komitee erhielt Hippel die Anregung zu seinem Entwürfe. Die Aufschrift An mein Volk ist nach Hippels Erzählung vom König selbst der letzten