Bücherschau.
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kein Werk erschienen, das sich an künstlerischer Bedeutung und geschichtlichem Werte mit jener großen Sammlung messen könnte. Nur in verborgenen Fachern der Kgl. Bibliothek schlummerte eine Sammlung von Zeichnungen, die ein halbes Jahrhundert spater geschaffen waren und wie die Merianschen Zeichnungen einem größeren Werke beigegeben werden sollten. Es kam aus verschiedenen Gründen nicht dazu; die Zeichnungen blieben in ihrer Gesamtheit der Öffentlichkeit entzogen oder wurden gelegentlich nur vereinzelt publiziert. Das fünfundzwanzigjährige Regierungsjubiläum des Kaisers gab der Generalverwaltung der Königlichen Bibliothek Gelegenheit, diese geschichtlich bedeutsame Bildersammlung herauszugeben und von Dr. Heinrich Meisner mit einleitenden Bemerkungen versehen zu lassen. Das Vorwort von den Direktoren llarnack und Schwenke stellt die Beziehungen der Städtebilder zu den Hohenzollern her, wahrend dar Verlag bestrebt war, diese wissenschaftliche Festgabe in einer außerordentlich würdigen Weise herzustellen. Auf 89 Tafeln sind in treuem Facsimiledruck die Städte Brandenburgs und Pommerns dargestellt, wie sie sich dem Zeichner Anfang des 18. Jahrhunderts zeigten.
Der Zeichner Daniel Petzold, geboren 1686 in Görlitz und ausgebildet von dem scharfsinnigen Bautheoretiker Bernhard Christoph Sturm, der eine zeitlang an unserer brandenburgischen Universität Frankfurt den Lehrstuhl für Mathematik innehatte und in ehrlichem Eifer für eine deutschnationale Baukunst eintrat, hatte die Zeichnungen für das große Werk von Joh. Chr. Bekmann gearbeitet, der sie aber aus irgend einem Grunde nicht in die Hand bekam und darüber 1717 gestorben ist. Die Zeichnungen gelangten später in die Kgl. Bibliothek und von hier zeitweilig in die Hände des verstorbenen Oberbaurats Adler, der indessen wenig von ihnen veröffentlicht hatte Literarisch waren die Petzoldschen Zeichnungen also genügend bekannt, sie in ihrer Gesamtheit zu veröffentlichen, gedachte keiner, obwohl die Herausgabe bei der wachsenden Beschäftigung mit der brandenburgischen Städtegesehichte eigentlich nahe genug lag. Das ist um so befremdlicher, als sie für die Geschichte der Kunst und besonders für die Topographie der Städte Brandenburgs und Pommerns eine wertvolle Quelle sind. Die Wichtigkeit solcher Darstellungen beweist die Tatsache, daß selten eine brandenburgische Stadtgeschichte erscheint, ohne die, im einzelnen häufig anfechtbaren Merianschen Kupfer zu benutzen, ln den Petzold’schen Zeichnungen liegt eine Ergänzung des Merianschen Sammelwerkes vor, das zwei Menschenalter später erstand, aber mindestens gleichen geschichtlichen und künstlerisch über- egeneren Wert hat. Der Kgl. Bibliothek und besonders dem opferwilligen Verleger ist es zu danken, daß jetzt die Zeichnungen der Öffentlichkeit dargeboten sind und zugleich einen Blick tun lassen in die künstlerische Bewegung ihrer Zeit. Trotz der etwas einseitigen Arbeitsmanier sind einzelne Blätter von kunstgeschichtlichem Wert.
Kultur-, Orts- und Kunsthistoiiker finden hier einen reichen Stoff für ihre Arbeitsgebiete. Indessen fällt auch manches noch für Volks- und Landeskunde ab Nur wenige Beispiele sollen die Wichtigkeit für die Wissenschaft belegen Auf Tafel 1 findet sich das umfangreiche Schloß des ersten Preußenkönigs in Altlandsberg, das in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch