Heft 
(1915) 23
Seite
183
Einzelbild herunterladen

Kleine Mitteilungen.

183

sprengte und Liegengebliebene zu überfallen, bis nach Pommern und in die Neumark vordrangen. Ähnliches berichten die Ortschroniken unserer Gegend vom siebenjährigen Kriege und besonders vom dreißigjährigen Kriege her. Aber selbst unsere modernen Beförderungsmittel, die Eisenbahnen, schützen vor der Wolfsplage nicht, und dann und wann erschallt auf den Bahnhöfen entlegener, waldeinsamer Haltepunkte im südöstlichen Europa auch jetzt noch der Schreckens- und Hilferuf vom Wolf, dem Untier, bezüglich dessen in der Kinderfibel unserer Ahnen stand:

Ein toller Wolf in Polen fraß Den Tischler samt dem Winkelmaß.

Einige Wolfsabenteuer hat dem Schreiber dieser Zeilen der vor einiger Zeit ver­storbene hiesige, wegen seiner Kunstfertigkeit weit über Deutschlands Grenzen berühmte Hofgoldschmied der Königin von Rumänien und des Königs von Bul­garien u. M. Teige erzählt. Carmen Sylva berief diesen Berliner BenvenutoCellini mitunter in der Winterszeit nach Bukarest und Sinaja, um bei Hoffestlichkeiten durch seine Kunstfertigkeit mitzuwirken. Auf einer kleinen rumänischen Station blieb der Zug im Schnee stecken, und die Reisenden benutzten die Gelegenheit, um sich auf dem zum Teil festgefrorenen Schnee zu ergehen. Da erscholl plötzlich vom Zugpersonal der Warnungsruf:Die Wölfe kommen! und die Passagiere mußten schleunigst in die wohlverwahrten Abteile steigen. Bei einer anderen Gelegenheit, als der Zug stundenlang im Schnee fest­steckte, meldete sich ein mit zwei schnellfüßigen Rossen bespannter Schlitten, und der Kutscher lud die Passagiere ein, mit ihm nach der nächsten Station, wo ein Zug wartete, zu fahren. Ein Reisender stieg in den Schlitten, unser Gewährsmann aber, der erst geneigt war, dasselbe zu tun, ließ davon infolge Warnung des Zugpersonals ab zu seinem Glück. Denn von dem Kutscher, dem einen Passagier und den zwei Pferden wurden anderen Tages neben dem umgestUrzten Schlitten nur ein paar abgenagte Knochen gefunden.

E. Fr.

Eine Wolfsjagd in der Mark Brandenburg erzählt uns eine Zuschrift des Herrn Idler in Neuruppin. Sie lautet:Eine Wolfsjagd in der Mark? wird mancher ungläubig fragen,da gibt es doch keine Wölfe mehr! Und doch hat eine solche Jagd stattgefunden, und ich habe in meinen jungen Jahren eine miterlebt. Die Sache war nämlich so: Im Monat Juni Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hütete der Schäfer Lisicke, einer der drei Schäfer des Rittergutes Haage, Westhavelland, seine Hammelherde auf einer vom Orte entfernten lichten Stelle im Walde. Auf einmal kam ein Raubtier aus dem nahen Dickicht gesprungen, faßte einen der größten Hammel an die Gurgel, warf ihn zu Boden, setzte ihm die rechte Vorderpfote auf den Leib, so daß die Krallen tief eindrangen, und wollte ihn zerreißen. Wild stürmte die Herde davon und suchte Schutz bei ihrem Hirten. Als sich dieser von seinem Schrecken erholt hatte, ging er, mit seinem Schäferstab bewaffnet und von seinem Hunde begleitet, dem Untier, das er sofort als einen Wolf erkannte, mutig zu Leibe, und es glückte ihm auch, dasselbe von seinem Opfer zu verscheuchen, worauf es in dem Gebüsch wieder verschwand. Un­weit von der Stelle dieser Begebenheit war ein Mann mit dem Roden von Feld-