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Dr. Albert Kiekebnsch.
zum „Rohrpfuhl“ geworden sein, in dem niemals Rohr gewachsen ist. Ähnliche Verschiebungen kommen ja bei Flurnamen und bei Eigennamen überhaupt oft genug vor. Wir sind also gezwungen, die „Rohrpfühle“ wenigstens in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen.
Leicht verständlich ist, daß anstelle eines ausgetrockneten Röthe- pfuhles bei Blankenfelde im Kreise Teltow ein Rötheplatz erscheint, oder daß der Flachs nicht in einem Pfuhl sondern in einem See, in einem Luch oder auf einer Wiese gerötet wurde. So finden wir denn einen Retsee (1903) bei Hönow, der 1882 „Röthsee“ genannt wird; wir firidbh ein „Rothes Luch“ (Giertz, Bausteine 1. S. 233 und Erläuterungen zur geolog. Karte Gradabt. 45 Nr. 27 S. 8), eine Roth e Wiese bei Klein-Kienitz im Kreise Teltow, und bei Nackel im Kreise Ruppin gibt es einen Röthgraben. An ähnlichen Zusammensetzungen begegnen uns Röthegrund 1 ) bei Altkarbe, Kr. Friedeberg, RötheJtjU und Röthebusch ifn Fläming, die Rothe Fließ Lacke bei Bernöwe, Kr. Niederharnim, das Rötjudand bei Sernow-Stocklitz, Kr. Jüterbog- Luckenwalde, Röthe Ranke bei Cüstrinchen (vgl. Giertz I, S. 229 f.), eine Flachsröthe (zwei Pfühle) bei Kl. Radden, Kr. Lübben, aber auch ein Röter Berg bei Marwitz, Kr. Osthavelland, eine Rothe Mühle bei Biesen, Kr. Ostprignitz, ein Ro the H of bei Straußberg uncf ein Röthe Hof bei Markee, Kr. Osthavelland. 2 ) Für das Verschwinden des Flurnamens ist recht bezeichnend, daß der „Rehpfuhl“ bei Tempelhof, der „Rote Pfuhl“ bei Britz und der „Rohrpfuhl“ bei Rudow, die alle drei auf dem Blatte Tempelhof von 1871/2 genannt wurden, auf demselben Blatte (neuerdings Schöneberg genannt) vom Jahre 1901/1903 zwar noch vorhanden sind, aber ohne Namen.
3. Das Röten des Flachses und die Bedeutung des Begriffes
Nachdem die Flachsstengel mit der Wurzel ausgerauft, auf dem Felde getrocknet und von den Samenkapseln befreit sind, werden sie geröstet oder, wie man in Niederdeutschland sagt, gerötet. Neben der wohl seltener angewendeten Warmwasserröste und der Tauröste auf Rasen oder Stoppelfeldern hat man die in unserer Gegend augenscheinlich am meisten gebräuchliche Kaltwasserröste in einem Graben, Teich, Pfuhl oder See, also in weichem Wasser zu unterscheiden. Die Flachs-
Die doppelte Verneinung wird bekanntlich auf dem Lande nicht etwa als Bejahung aufgefaßt. Aus Rohr wurden in meiner Heimat nie mehr Flöten geschnitten. Das Versehen wird aber weiter gesungen. Keinem Jungen kommt dabei zum Bewußtsein, daß er eine Weide vor sich hat, aber das Rohr besingt.
0 Für freundliche Mitteilung der 12 folgenden Flurnamen bin ich einigen Teilnehmern an den „Übungen und Studien“ zu Dank verpflichtet.
2 ) Über „Rote Felder (rotes Land)“ vgl. Giertz, I. S. 147 n. 445.
