Heft 
(1896) 5
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Aus dem Reiche der Pilze.

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klein, und es erforderte viel Glauben und Vertrauen sie bekämpfen zu können, auch an sich selbst.

So unterblieb alle Berücksichtigung der Winogradzkyschen Unter­suchungen, obgleich der bisher angenommene Grundsatz über die Ent­stellung alles Lebens: omne vivum ex ovo dadurch vollständig er­schüttert war. Der andere Theil jener Arbeiten wurde mit denen von Errera und Frank zusammen als Symbiose festgehalten. Man glaubte es damit erklären zu können, dass auch die Leguminosen kleine Schwamm­bällchen an den Wurzeln haben, mit denen auch sie direkte Stickstoff­verbindungen aufzunehmen vermögen. Zwischen bereiten, wenn auch nur durch den eigenen Tod bereiten helfen und aufnehmen, ist aber ein grosser Unterschied. Es ändert nicht das mindeste an der Un- ersetzlichkeit der Pilzbildung, um alles pflanzliche und tierische Leben entstehen zu lassen, dass an einer Pflanzengruppe, sogar direkt mit ihren Wurzeln verbundene eigene kleine Schwammbildungen tliätig sind. Sie, die Pflanzengruppe, ist dadurch nur befähigter, einen grösseren Reichtum an Nährwerten der Menschheit zu bieten, wie dies von den Hülsenfrüchten allgemein bekannt ist. Sie liefern dadurch in ihren Schalen und ltanken eine unersetzliche Heilkraft.

Prof. Winograds ky war natürlich bestrebt, die weitere Entwicklung zu verfolgen. Hatte er die erste Zellenbildung nur in durch Wasser ge­lösten mineralischen Zerfallstoffen gefunden, so galt es jetzt die Frage, wie eine direkte Fortentwickelung stattfände und ob erst die Verwesung dieser Zellen den Boden zum organischen Leben vorbereiten müsse. Seine Be­obachtungen sprechen für das letztere, nachdem er von völlig unfrucht­barem Boden ausgehend immer weitere Erd-Schichten untersuchte und eine ganze Skala von Nährzellen bis zum üppigsten Reichtum im Waldboden feststellen konnte. Aus diesen Untersuchungen ergab sich sowohl die Umbildung als die Wanderung der Stoffe, d. i. der Nutzen der Pilz­zellen für die Pflanzenwelt, um derselben Nährwerte zuzuführen, selbst wo jene Thätigkeit auch den direkten Zweck der Fortpflanzung des eigenen Geschlechtes verfolgte. Das gilt demgemäss ebenso für jeden Grashalm, wie für die Ernährung der Waldbäume. Wichtig für die Erkenntnis ist der Umstand, dass mit der Umbildung und Wanderung der Stoffe eine Zellenthätigkeit ausgeübt wird, welche eine Art Be­wegung darstellt. Nicht nur in der Verlängerung derselben im Wachs­tumprozesse, wie siq sich zu fortlaufenden Fäden ausspinnen (wir kennen das ja alle aus der raschen Bildung des Schimmel), sondern im Wegdrängen solcher Stoffe, welche den Zellen hinderlich sind. Diese wesentliche Erweiterung sah so bedenklich nach einer völligen Um­wälzung in der bisherigen Erkenntnis aus, dass man zuerst ohne jede Nachprüfung dagegen zu eifern begann. Erst in der allerjüngsten Zeit haben mühevolle Untersuchungen hier und dort die genialen Forschungen