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Josephine Freytag.
den fabelhaften Reichtum der wunderbarsten Pilz-Arten wohl kaum vergessen können. Jedenfalls wird ein Pilzkenner, der nach Erweiterung seines Wissens strebt, gut thuu, einen Herbst in Buckow zu arbeiten, liier wird er, ob in nächster Nähe, ob in der Richtung nach Strausberg oder weiter nördlich ungemein eigenartige Pilz-Bildungen finden.*) Um Freienwalde, wie westlich von Oderberg in der Mark, am Werbner See, überrascht Üppigkeit und Mannigfaltigkeit der Arten. Doch leider führt dahin keine Verkehrsverbindung. Wenden wir uns westlich, so werden wir gut thun, sowohl von den Stationen der Stettiner- wie Nordbahn, uns auf etwas weitere Exkursionen einzurichten. Hinter Biesenthal und der Bernauer Heide liegt der Wandlitzer Forst, ein Pilz-Eldorado, welches etwas stärkere Anforderungen an unsere Kräfte stellt, wenn man auch am Liebnitz-See sich ein Asyl suchen kann. Dasselbe gilt von den westlichen Richtungen, sobald wir uns nicht am Fichtenkrug genügen lassen wollen. Haben wir Lust, die äusseren Grenzen der Mark zu durchschweifen, so finden wir freilich etwas entfernt vor Fürstenberg ein zweites Buckow noch auf märkischem Boden in Neu- Globsow.**) Die bequemen Verkehrswege, wie nach der Zehlendorferoder Wuhlheide fehlen natürlich bei weiteren Exkursionen gänzlich. Indes steht besonders letztere in dem bösen Rufe, dass man dort nur in grösseren Gesellschaften wandern darf.
Was aber nützt uns bisher all dieser Reichtum, all die erleichterten Verbindungen, wenn unsere Unkenntnis und die daraus berechtigt hervorgehende Furcht jede Verwertung lahm legt? Wir können auch keinen Schritt weiter kommen, sobald wir nicht mit Vernunft an diese Aufgabe herantreten. Zuerst sollten wir doch fragen: Welche Pilze sehen keinem Giftpilz ähnlich? Oder, wie unterscheide ich sie? Zweitens, w'elche sind am leichtesten verdaulich und wie bereitet man sie zu? Statt dessen wird bisher nur darnach gefragt, was hält sich am längsten, so dass es sich lohnt, es vorrätig zu halten, bis sich ein Käufer findet, der recht viel dafür bezahlt.
Unter den wenigen Pilzen, welche wir bisher wenigstens in einigen Gegenden verzehren, ist einer, welcher sich ganz besonders durch seinen
*) Ein derartig überraschender Fund war z. B. ein bienenwabig vertieftes, unstreitig zu den Ascomyceten und Helvellaceen gehöriges, als Morchella auszuzeichnendes, blattförmiges Pilzgebilde. Es war 12 cm hoch, unten 6 cm breit, nach oben sich umbiegend und zuspitzend, unten 1 cm dick, mit ganz schwachem, weiss- liehem, kleinkörnigem Iiande. Die Farbe der mit der Fruchtschicht bedeckten oberen Seite war rehfarben, die Unterseite heller, der scharf abgegrenzte Kand beider Seiten ganz hell. Da bisher die Helvellaceen stets in allen Werken nur als mützenförmig bekleidet angeführt werden, so ist die Eigenart überraschend. Indes besitze ich eine kleine glatte, scharf dreieckige Helvella, die auch jener Annahme nicht entspricht, und eine flache hahe ich sogar mehrfach gefunden.
**) Poststation Menz.