Heft 
(1896) 5
Seite
421
Einzelbild herunterladen

Aus dem Reiche der Pilze.

421

M ie oft Köche zu Gesellschaften derartige benutzen, kann man er­fahren, wenn man selbst einzukaufen versucht und sieht, wie oft völlig Verdorbenes noch verkauft werden soll.

Dieser Gefahr gegenüber ist es eine weit geringere, dass es unsere vornehmen Hausfrauen, selbst die sonst vorzüglichen, mitunter lieben, bei ihren Gesellschaften getrüffelte Puten vorzusetzen und Leberspeisen als »Strassburger Gänseleberpasteten gelten zu lassen, wenn sie auch aus anderer Leber hergestellt und mit einem recht bedenklichen Pilz gewürzt sind. Es sind giftige Arten, welche sich allerdings ganz gut entgiften lassen und durch ihre schwarzen Scheiben im gekochten Zustande der Trüffel ähnlich aussehen. Wenn man die notwendigen Kenntnisse hätte, wäre es ganz gut möglich, eine völlig gesunde Speise auf diese billige Weise herzustellen, aber diese Kenntnisse haben die Frauen bei uns so änsserst selten, vielleicht garnicht, und die Köche wie die Schlächter, welche uns die Trüffel-Leberwurst auf diese Weise liefern, ebensowenig. Da können ernste Gesundheitsstörungen sogar sehr häufig eintreten und bei einer ganz zufälligen Sparsamkeit sogar menschliches Leben ge­fährden.

Es ist der Hartbovist, Sclerodermum vulgare, welcher roh, in seinem Innern dunkel marineblau, gekocht schwarz erscheint. Dieser Pilz, wie seine Brüder S. defossum, verrucosum und aerolatum sind giftig, denn wenn man frische ältere Pilze in nicht geringer Menge mit der ersten Brühe geniesst, so tritt der Tod ein. Glücklicherweise wird die erste Brühe weder zu Puten noch zur Leberwurst mitbenutzt, und vorher getrocknet, vor dem Gebrauch deshalb ein wenig abgekocht müssen die Pilze auch werden, weil man die harten Knollen im August und September von der gelbbraunen Haut befreit, in Scheiben trocknet und zu den Winterspeisen aufbewahrt. Beim Trocknen verliert sich ein Teil der schädlichen Stoffe und beim Abkochen in Salzwasser die übrigen. Das dürfte aber nur mit voller Kenntnis einer möglichen Gefahr ge­schehen, denn ohnedem giebt die Sparsamkeit keine Garantie, dass die pikant schmeckende Brühe nicht hier und da anderweitig benutzt wird. Harte Pilze oder solche, welche ein festes Fleisch haben, kann man nämlich ganz gut durch Abkochen in Salzwasser entgiften. Indes wir haben so viele wohlschmeckende Pilze, warum soll uns die Eitelkeit verlocken, deshalb bedenkliches zu benutzen, weil dadurch das Auge zu dem Wahn verleitet wird, anzunehmen, man hätte uns Trüffeln vorge­setzt? Andererseits können wir sogar den Geschmack der Trüffeln mit etwas Kunst hervorrufen, indem man andere Pilze in Butter schmort, so Lepiota procera, Schirmpilz, und Hydnum compactum, fester Stachel­pilz, das zähe Fleisch entfernt und in diese Butter dann die vorher in Salzwasser abgekochten Scheiben des Hartbovist weich dünstet. Es ist also ganz gut möglich, wenn man die Zübereitung wirklich als Koch-