Aus dem Reiche der Pilze.
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völkerung nimmt immer mehr zu, die Ernährung wird immer schwieriger. Bessere Lebensmittel sind teuer, und so leben die Aermsten mehr als gesundheitswidrig. Brot und Kartoffeln, oft nicht einmal in genügender Menge, zehrender Cichorientrank ist für viele nicht selten die einzige Nahrung. Sie haben bisher weder Zeit noch Gelegenheit, sich die notwendigen Kenntnisse zu erwerben und das wird, wenn nichts in dieser Beziehung für sie geschieht, auch so lange dauern, bis diese Kenntnisse Allgemeingut geworden sind. Damit sie es werden können, bedarf es der Mitarbeiterschaft vieler, sonst sind wir mitschuldig, wenn die Not die Aermsten veranlasst, schädliches zu verspeisen und nützliches aus unbegründeter Furcht zu entbehren. Dass ein hoher Nährwert mit dem so massenweis unbenutzt in unseren Wäldern verderbenden Pilze verloren geht, kann uns die Kraft der slavischen Bevölkerung lehren, welche sich vorwiegend damit ernährt. Diejenigen, welche nur zweimal im Jahre, an den beiden höchsten Feiertagen, Fleisch verzehren, aber weil in Waldgegenden, wenn nicht mehr frische, so doch getrocknete Pilze fast täglich gemessen, spotten der anderen, denen dieses wertvolle Nahrungsmittel vorenthalten wird. Ein Vegetarismus ohne Pilznahrung könnte eher Bedenken erregen, aber ausreichend vor allem Obst und Gemüse, dann Brot, doch ruhig auch Kartoffeln, indes womöglich auch Maisgries, aber mit Pilzsaucen und Suppen, solche Nahrung giebt nicht nur physische, sondern auch geistige Kräfte. Davon kann ich aus Erfahrung mitsprechen, wenn ich noch so lange in dieser Weise ohne Fleisch gelebt (im Herbst in den Wäldern hatte ich gar keine andere Nahrung), aber dümmer bin ich dabei nicht geworden.
Wenn man aber grössere Mühe und Arbeit als Grund für die Nichtbenutzung gelten lassen will, so ist es doch merkwürdig, dass gera.de wir Deutsche und besonders in den westlichen Provinzen hinter anderen Nationen inbetreff der Verwertung der Pilze so weit zurückstehen. Die Ausnahme, dass nur die besitzenden Klassen Trüffeln und Champignon verzehren und nicht einmal vernünftig verzehren, während so viele schmackhafte hohe Nährwerte von vielen hunderten Arten essbarer Pilze unbenutzt in den Wäldern verderben, spottet doch eigentlich unserer Kulturstufe und mahnt dringend zur Abhilfe. Da es sich aber nur um Vorurteile und Bequemlichkeit handelt, so kann jeder mehr oder weniger durch Wort und That, durch Urtheile und Interesse dazu beitragen, dass wir die Gaben der Natur zum Nutzen der Allgemeinheit besser kennen lernen und sie zu verwerten uns befleissigeu.