Heft 
(1899) 8
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5. (3. ausserordentliche) Versammlung des VIIE. Vereinsjahres.

in London an, man hielt selbst den in der obern Kreide anzulegenden untermeerisclien Tunnel unter dem Pas de Calais zwischen Calais und Dover für eher möglich als einen Tunnel unter der Spree. Der Name Tunnel unter der Spree existierte zwar seit alter Zeit in Berlin für eine litterarisch angehauchte Vereinigung, diese führte aber den Namen wie lucus a non lucendo, mehr scherzhaft. Als Hauptgründe gegen die Möglichkeit von dergleichen Tiefbauunternehmungen führte inan an, dass der Berliner Untergrund unter dem Spreestrom zuviel Triebsand oder Moor enthielte, dass im übrigen der Grundwasserstand unterirdische Tunnelbauten unmöglich machen, jedenfalls äusserst erschweren werde.

Als aber die Beseitigung der offenen Rinnsteine und ihr Ersatz durch eine unterirdische Kanalisation beschlossen w'urde, da zeigte sich, dass es der modernen Ingenieurkunst auch im durchlässigen Berliner Untergrund, freilich mit grossen Mühen und Kosten, möglich ist, tiefe Kanäle anzulegen. Das Verdienst, diese gewaltige Stromkanäle projektiert und ausgeführt zu haben, welche die Abwässer Berlins sammeln und mittels der Pumpstationen nach den Rieselfeldern befördern, gebührt dem vormaligen Chef-Ingenieur der Bei-liner Kanalisationswerke, jetzigen Stadtbaurat a. D. Geheimen Baurat Dr. James Hobrecht. Diese Kanäle, die durch Ein- und Aufsteigeschachte mit dem Strassenniveau kommuni­zieren, habe ich, ehe sie dem Verkehr übergeben wurden, meist durch­wandert. Sie sind so hoch, dass man kaum die Decke berühren kann, haben ein ovales Profil der heut zu besichtigende Spreetunnel hat ein kreisrundes Profil und sind geräumig genug, um daselbst Ver­sammlungen wie die heutige abzuhalten.

Das sind aber alles Tunnelbauten, welche, wie schon angedeutet, dem Wagen- und Fussgängerverkehr nicht dienen sollen. Inzwischen hat sich nun die Zahl der Strassenbahnen in Berlin so gehäuft, dass die Anlegung neuer Bahnen der Art immer wachsenden Schwierigkeiten begegnet. Der Professor Dietrich an der technischen Hochschule zu Charlottenburg hat schon vor vielen Jahren die städtischen Behörden vor der Häufung des Strassenbahnverkehrs gewarnt und statt dessen empfohlen, so viel als möglich Asphaltpflaster zu legen und nach dem Beispiel von Paris und London statt der Strassenbahn- thunlichst nur Omnibus-Unternehmungen zuzulassen. Man hat dies in Berlin nicht beherzigt; die Folge aber des gehäuften Strassenbahnverkebres ist, dass Störungen im Betrieb durch Fallen von Pferden oder Versagung der Elektrizität häufig in der lästigsten Weise eintreten, was beim Omnibus­verkehr selbst bei Glatteis nicht in diesem Maasse der Fall ist.

Es verbleibt also zu einer ausgiebigeren Ausdehnung des Strassen­bahnverkehrs nur noch der Luftraum in der Höhe oder der Untergrund. Was die Hochbahnen anlangt, so kollidieren sie leicht mit den vorhandenen Dampfeisenbahnen, insbesondere mit dem Stadt-