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Kleine Mitteilungen.
Diebstahls. Die Angeklagte diente im verflossenen Jahre in Dyrotz, einem Dorf bei Potsdam, und sollte ihrem Dienstherrn 31 Mark entwendet haben. Vor Gericht erzählte sie folgendes: Sie habe zu ihrem Brotherrn in einem Verhältnisse gestanden, das nach ihrer Hoffnung mit einer Ehe abschliessen sollte. Dann habe sie aber befürchtet, dass die Liebe ihres Dienstherrn zu ihr erkaltete, und deshalb habe sie zu einem Sympathiemittel gegriffen, das ihr von einer klugen Frau als unfehlbar bezeichnet worden sei. Sie müsse, so war ihr gesagt, Geld von ihrem Angebeteten heimlich an sich bringen, es mit ihrem eigenen Geld vermischen und beides in ein Läppchen wickeln, das von einem alten, von ihr getragenen Hemd herrühre. Dies Päckchen müsse mit Zwirnsfäden neunmal kreuzweise verschnürt und in die Tasche des Geliebten heimlich hineingesteckt werden. Sie habe das alles getan, das Päckchen in die Jackettasche des Brotherrn gesteckt und somit nicht gestohlen, sondern selbst noch Geld geopfert. Die erhoffte Wirkung sei aber ausgeblieben und sie habe den Dienst verlassen müssen. Der als Zeuge geladene Dienstherr glaubte sich allerdings zu entsinnen, dass er eines Tages einen unverhofften Fund in seiner Rocktasche gemacht habe. Die Umhüllung habe er achtlos fortgeworfen und das Geld verbraucht. Nach dieser Bekundung beantragte der Staatsanwalt die Freisprechung der Angeklagten und der Gerichtshof erkannte dementsprechend.
T. R. 18. I. 1903.
Aus dem mittelalterlichen Berlin. Eine Fundgrube von Überresten aus früheren Jahrhunderten bildet gegenwärtig die Kaiser-Wilhelmstrasse, in der ein neuer Notkanal gebaut wird. Die bis sechs Meter tiefe Baugrube erstreckt sich quer durch das alte Berlin. Von der Burgstrasse aus, wo die Fundamente eines zur Sicherung der Stadt an der Spreeseite errichteten Festungsturms freigelegt sind, ist man auf zahlreiche Baureste gestossen. Zwischen der Rosen- und der Neuen Friedrichstrasse sind angekohlte Balken und Schuttmassen gefunden, vermutlich vom grossen Brande des Jahres 1380, während dem fast ganz Berlin in Asche gelegt wurde. Ferner sind auch an jener Stelle die Reste eines „Einbaums“ ausgegraben worden. Starke fünfzöllige Planken, die bogenförmig ausgeschnitten sind, scheinen von dem Glockenstuhl einer Kirche herzurühren, vielleicht der zweiten Parochialkirche (Kirche zu St. Marien). Diese Annahme flndet eine gewisse Bestätigung durch die Lage des Fundortes der beiden Planken gegenüber der Marienkirche. Nach dem grossen Brande wurden verschiedene Häuser aufgeführt. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche freigelegte Fundamente, bestehend aus Felsblöcken, sogenannten Findlingen und dreissigpfündigen Ziegelsteinen; diese riesigen Bausteine sind nur bei den ältesten Gebäuden in Berlin verwendet worden. Die Lage der Fundamente zeigt die ehemalige Baufluchtlinie der früheren Papenstrasse, die zu jener Zeit eine schmale Gasse von kaum drei Meter Breite gewesen sein muss. Auch nahe der Neuen Friedrichstrasse sind noch Balken und Fundamente aufgefunden worden.
Ich selbst habe in den Aushubmassen in der Kaiser Wilhelmstrasse und Burgstrasse viele mittelalterliche Gefässreste, unglasiert,