Heft 
(1892) 1
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Bericht über die 12. (3. Arbeits- Sitzung dp» I. Vproinxjahre*.

Der von mir mit Unterstützung des Königl. Ireuss. Kultusininisterimns modellierte, Muskeltorso eines Mannes ist unter Leitung des Directors der I. Berliner anatomischen Anstalt Prof. Dr. W. Waldeyer und des Prof. Dr. Hans Virchow, Irosectors der genannten Anstalt und Lehrers der Anatomie an der Königlichen Kunstakademie, durchweg nach Original­präparaten hergestellt worden. Diese Originalpräparate haben die Herren Dr. Dr. Jablonowski und Greeff, Assistenten des I. anatomischen Institutes, besonders zu diesem Zwecke mit grösster Sorgfalt angefertigt. Auch haben die Herren Mitglieder der Akademie der Künste, Direktor A. v. Werner, die Professoren Schaper, Skarbina und Siemering der Arbeit ein reges Interesse zugewendet und dieselbe mehrfach durch ihre Ratschläge und durch eingehende Prüfung gefördert.

Der Muskeltorso ist in Lebensgrösse gehalten, er bildet eine Kr- gänzung zu dem bekannten unter Leitung von Professor J. Kollmann in München ausgeführten Torso, welcher die meisten Muskeln in einer starken Aktion zeigt, insofern als er dieselben in ruhiger Haltung wieder- giebt. Damit war es denn auch möglich die Ursprünge und Ansätze der Muskeln, so wie das Verhalten der Sehnen, Aponeurosen und Fascien genau darzustellen.

Ist so dem Bedürfnisse des Unterrichtes in der Anatomie entsprochen worden, so wurde auch das Interesse der bildenden Kunst überall wahr­genommen durch möglichste Berücksichtigung derjenigen Punkte, durch welche die Muskeln auf die Obertlächengestaltung des menschlichen Körpers einwirken. Wiederholt wurden zu diesem Zwecke wohlgebaute lebende Männerkörper von gleicher Grösse wie die Modeltigur verglichen, und es wurden von den zu präparierenden feilen Gipsformen vorher ab­genommen, um ihrerseits zur Vergleichung zwischen nackter .Muskelform und Oberflächenfonn zu dienen.

Die Muskeln wurden zuerst in plastischer Wachsmasse (sog. Plastilina) auf ein natürliches sorgfältig zusammengefügtes Skelet aufgetragen. Auf diese Weise sind auch die meisten der dargestellten Knochenpunkte un­mittelbar nach der Natur abgeformt. Dann wurde in der Gladenbeckschen Kunstgiesserei ein festes Modell in Bronze hergestellt und letzteres wieder in allen Einzelheiten durch Waldeyer und Hans Virchow aufseine genaue Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Plastilina-Modell geprüft. Von diesem Bronzemodell können nun Gipsabgüsse oder Abgüsse in anderem Material, je nach Wunsch, gewonnen werden. Das Bronzemodell ist dem I. Berliner anatomischen Institute überwiesen worden.

Die linke Seite der Figur ist als Standbeinseite, die rechte als Spiel­beinseite angenommen worden; letztere zeigt auch den Armstumpf leicht erhoben. Die linke Seite zeigt ferner die oberflächlichen, nach Weg­nahme der Hautschichten sichtbaren Muskeln, während die rechte auch noch die tieferen Lagen giebt.

Es dürfte diese Muskelfigur für den Unterricht in der Anatomie