Heft 
(1896) 4
Seite
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Kleine Mittheilnugen.

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hätten sie vor Aufgang der Sonne in dem thnuigen Ufergrnsc oft grosse Mengen mit Händen geglitten. Das Blühen des Wnssers ist die Zeit, in der dasselbe von den darin vorkommenden Algen grün erscheint, was meistens im Monat Juli und August vorkommt.

Oderberg, Mark. Heinrich Lange.

Die weissen Sandberge am Südrande der Jungfernhaide. Ks ist das unabwendbare Schicksal aller Romantik, soweit wir mit diesem Begriff den Oegensatz zum Gewöhnlichen, Alltäglichen bezeichnen, vor den Anforderungen des aufs Ausserste gesteigerten Nützlichkeit«-Prinzips der Gegenwart das Feld zu räumen.

Lässt sich das romantische Element durch das freie Spiel mannigfaltig geschwungener Linien versinnbilden, so ist der Ausdruck des erwerbs­beflissenen (ulturlebens die nüchterne, gerade Linie, und in diese Zwangs­jacke pressen wir beim Verfolgen jenes Prinzipes allenthalben den wohl­gefälligen Lauf der von der Natur selbst geformten Linien int Antlitz der Erde. Wo vordem der herrliche Strom zwischen selbstgeschaffenen Ufern, mit dessen anmuthig wechselnden Linien die plätschernde Welle ihr kosendes Spiel trieb, behaglich dahinfloss, zwängt jetzt ein festes, nur zuweilen von starren Buhnen unterbrochenes Gefüge von Steinmauern das flüssige Element in enge, gleichmässige Grenzen. An Stelle des alten, dereinst von unseren Urahnen gebahnten Feldweges, der mit seinen ausgefahrenen Furchen fast wie eine lebendig pulsirende Ader die Flur durchzog, und an dessen grünen Rainen wir als Kinder jubelnd die ersten Veilchen begriissten, erblickt das Auge auf den nach den Anforderungen der Neuzeut regulirtenconsolidirten Feldmarken nur ein Netz sich rechtwinkelig kreuzender, schnurgerader Wege, eine moderne Erfüllung der Bibelworte:Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden.

Eine die Heimatkunde in gewissem Sinne nicht unberührt lassende Be­stätigung dieser Worte bietet sich uns zur Zeit dar, wenn wir, die Ringbahn­haltestelleJungfernhaide zum Ausgangspunkt nehmend, jenen Teil des Spreethals aufsuchen, der zwischen den Höhen von Westend und der Jungfern­haide in Jahrhunderte alter, scheinbar noch unberührter Eigenart anmuthend, den Fluss, der hier erst vor einigen Jahren seine natürlichen Ufer den mächtigen Schleusenwerken ojffern musste, seiner nahen Vereinigung mit der Havel zuführt. Hinter dem (um mit Fontane zu reden) in Backstein-Sauber­keit und Styl-Jammer erbauten Wohnhaus der Schleusenbeamten lenkt der Weg bald dem nahen Waldessaum zu. Es ist eine sandige, scldechtge- pilegte Strasse, die wir ziemlich einsam, mit den Thürmen von Spandau in Sieht, wandern, und doch erzählt sie dem lauschenden Ohr ein Stück alters­grauer Vergangenheit. Der Nonnendamm ist sie geheissen, und das weite Wiesenland ringsum sind die Nonnenwiesen, die ebenso wie der vor uns am Horizonte sich hinziehende Kiefernwald, die Jungfernhaide an jene Zeit erinnern, da die ganze Gegend und zwar östlich bis zu einer von Martinikenfelde bis Reinikendorf gozogenen Linie zu dem Ende des 13. Jahr­hunderts gestifteten Jungfernkloster zu Spandau gehörte. Auch ein Stück