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Fragekasten.
abgedeckter Stall, welcher später bei Verbreiterung der Gotzkowskystrasse nach der Brücke gleichen Namens hin abgebrochen worden ist.
Sollten noch andere mit Stroh oder Schilf abgedeckte Häuser aus dem Berlin der letzten Jahre bekannt sein, so wird um deren Namhaftmachung dringend gebeten. E. Friedel.
A. J. Jacob-Möbel. Was versteht man unter Jacob-Möbeln? Unser kunstverständiges Mitglied Herr Rudolf Lepke antwortet darauf Folgendes: Die Jacobmöbel sind aus Mahagoniholz verfertigt, die Profilkanten mit Messingstäben, die Paneele und Giebelaufsätze mit geometrischen Mustern — bei denen Rhomboeder- und Dreieckform vorherrscht — aus gerippten, vergoldeten Messingbändern reich eingelegt und zum Teil mit Bronze- Rosetten, Ornamenten und Kugeln dekoriert.
Diese Möbel führen ihren Namen von dem Kunsttischler George Jacob, welcher 1789 Meister wurde und sich in der Rue Meslfee zu Paris etablierte. Im Jahre 1793 Übernahmen seine Söhne das Geschäft und verfertigten, wie es der Geist der französischen Revolutionsepoche forderte, Möbel von der grössten, fast spartanischen Einfachheit.
Gegen 1804 starb einer der Brüder, der ältere änderte nunmehr seinen Namen in Jacob Desmalter, sein Ruf verbreitete sich über ganz Europa, er lieferte u. a. Möbel für den spanischen und englischen Hof, für die Residenzen der Brüder des Kaisers Napoleon und für den Kaiser von Russland nach der Eremitage bei St. Petersburg sowie für viele russische Aristokraten, die ihm die Möblierung ihrer Schlösser übertrugen. —
In Deutschland sind Originale von Jacob-Möbeln weniger vorhanden, desto allgemeiner ist ihr Stil unter den Königen Friedrich Wilhelm II. und III verbreitet worden; Zeuge dessen sind unzählige Schlösser bei uns. Der Empire-Stil ist aus diesem pedantisch mathematischen, vorgeblich altklassischen Kunstgewerbszweig hervorgegangen und hat die anfängliche spartanische Einfachheit bald genug durch raffinierten Luxus vertrieben.
Neuerlich sind viele Jacob-Möbel aus russischem Besitz in Berlin durch die Lepke'schen Kunstauktionen verbreitet worden.
Frl. S. — Das Bluten der Sonne bei Jean Paul. — Die hochpoetische, aber etwas überschwengliche Stelle über das „Bluten der Sonne“ bei Jean Paul steht in dem zuerst in Berlin (1794) erschienenen „Hesperus“ wie folgt lautend:
„In die Wolken floss das Abendblut der versinkenden Sonne, wie in’s Meer das Blut seiner in der Tiefe sterbenden Riesen. Das lockere Gewölke langte nicht zu, den Himmel zu bedecken; es schwamm um den Mond herum und liess sein bleiches Silber aus den Schlacken blicken.“
Für solche mehr das Gefühl als den Verstand anregende dunkle, fast mystische Stellen schwärmte die Jean Paul Friedrich Richter anbetende Berliner Frauenwelt gegen das Ende des 18. Jahrhunderts ganz besonders. F.
Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Demminerstrasse 64. — Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.
Druck von P. Stankiewicz’ Buclniruckerei. Berlin. Bernburgerstrasse 14-