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15. (5. öffentl.) Versammlung des IV'. Vereinsjahres.
gesetzt im Aquarium gehütet, auch beobachtet und kann darnach feststellen, dass in einigen, wie wohl nicht gerade häufigen Fällen, Exemplare von mittlerer Grösse, welche auf Steinen oder anderen Muscheln (Unio und Anodonta) sassen, sich loslösten und nach einiger Zeit an der Glaswand ihres Gefängnisses befestigt erschienen. Pflückt man die lebenden Dreisseuen von ihrer Unterlage etwas gewaltsam ab, so reisst nicht selten der Byssus von der Drüsensack-Furche ab und bleibt an dem Stein, der Muschel u. s. w. haften. Mir scheint, dass die Dreissene dies häufig nicht verträgt, vielmehr bald hernach eingeht. Die Schalen toter Dreisseuen lösen sich von ihrem an der Muttermuschel haften bleibenden Byssus sehr leicht ab. Ist die Unterlage hier eine andere Muschel, z. B. die viel grössere Malermuschel, so sehen letztere von dem anhaftend bleibenden braunschwarzen ziemlich weichen Byssus-Polstern ganz zottig aus und die Fischer meinen ganz zu Unrecht, dass dieser Byssusbart zu der Malermuschel oder Anodonta gehöre und dass dies sehr bejahrte, im Alter bärtig gewordene Malermuscheln pp. seien, so wie die Fischer von alten, Wucherungen auf dem Kopf zeigenden Karpfen sagen, dass diesen „Moos“ auf dem Kopfe wachse („bemooste Karpfen").*)
Während die miesmuschelartigen Zweischaler die ausser einem grösserem Schliessmuskel hinten, noch einen zweiten kleinern, vordem, dicht unter den an das Vorderende der Schale gerückten Wirbeln besitzen, noch eine wenn auch beschränkte Art von Fortbewegung kennen, ist die bekannte Lieblingsspeise der Feinschmecker, die nur mit einem Schliessmuskel ausgestattete Auster (Ostrea edulis Linné, O. hippopus Lamarck u. s. f.) dazu verdammt, wenn sie nicht zufällig etwa äussere Gewalten (Wind, Wellen, Schleppnetze) wieder losreissen, an dem fremden Gegenstände zeitlebens haften zu bleiben, an welchen sie sich in frühester Jugend selbst angekittet hat.
Ich lege Ihnen zur Verdeutlichung ausser einer ganzen Folge der Dreyssenen in verschiedenen Entwickelungsstadien tot und lebend, ein Exemplar der gemeinen Auster (Ostrea edulis Linné) aus der Nordsee vor, welches sich auf einer Schale der gemeinen Herzmuschel (Cardium edule Linné) angeheftet hat und neuen Exemplare derselben Art und der blätterigen Auster (O. lamellosa Brocchi), welche ich in dem Austerschonrevier des Lido bei Venedig im Adriatischen Meere 1895 im Mai gesammelt habe; die sehr zierlichen Schälchen sind fest auf Schnecken- und Muschelschalen angekittet.**)
*) Allen älteren Berlinern sind die berühmten „bemoosten“ alten Riesenkarpfen des Charlottenburger Schlossgartenteichs in der Erinnerung, welche in den siebziger Jalrren bei starkem Frost, als man das Luhmenhauen nicht gehörig besorgt hatte, aus Mangel an Luft elendiglich erstickten.
**) Die echte Perlmuschel (Aviculu [Meleagrina] margaritifera) obwohl zu den Einmnskelern (Monomya) gehörig unterscheidet sich von Austern, wie erwähnt, dadurch, dass sie sich nicht festkittet, sondern mit Byssusfäden anspinnt.