15. (5. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
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das Wasser vollkommen in sich aufgenommen hatte, und welche den Filtern im gewöhnlichen Betriebe nicht zugeführt werden, haben, wie der Bericht am Schluss bemerkt, durch die Filter nicht beseitigt werden können.
Hätten die Techniker die Lebensweise der Schafklauenmuschel, welche sich in den Saugeröhren des Tegeler Wasserwerks angesiedelt, gekannt, so würden sie entweder die Muscheln rechtzeitig entfernt oder durch rechtzeitiges Wiedereinlassen des Wassers am Leben erhalten haben. Damit soll kein Vorwurf ausgesprochen werden. Unsere Städtischen Wassertechniker sind in der Physik, Technik und Chemie durchaus eben so gut ausgebildet, wie die betreffenden Fach- und Sachverständigen des Reichs und Preussens. Es fehlen diesen sämtlichen Fachleuten aber diejenigen Kenntnisse der zoologischen und auch botanischen Biologie, ohne welche heut zu Tage eine rationelle Wasserwirtschaft, wie die Tegeler Kalamität lehrt, nicht immer auskommen kann.
Unter diesen Umständen begrüssen wir es, dass die biologische und Fischerei Station Müggelsee des Deutschen Fischerei- Vereins unmittelbar neben den Städtischen Wasserwerken errichtet worden ist und dass die Stadtgemeinde Berlin diese auch für Berlin und den Berliner, insbesondere für die rationelle Bewirtschaftung unserer Bewässerungsanlagen am Tegeler und Müggel-See so wichtige, wissenschaftliche und gemeinnützige Anstalt mit einer Jaliresbeihülfe unterstützt. Mögen unsere Wassertechniker die ihnen dadurch gebotene Gelegenheit, sich über die Lebeformen und Lebewesen des zur Verarbeitung gelangenden Itohwassers zu unterrichten, in Zukunft recht fleissig benutzen. Denn, ich betone das noch einmal, ausdrücklich die Chemie und die Hydrotechnik erschöpft das Wissensgebiet, in welches der Wassertechniker eingeweiht sein soll, in keiner Weise.
Es erübrigt nun noch, über die höchst eigentümliche Herkunft der Schafklauen-Muschel in unseren Gewässern etwas zu sagen.
Vor 100 Jahren würde man ein Verderbnis des Berliner Leitungswassers durch eine Muschelpest oder Muschelplage, wenn damals bereits die Tegeler und Müggelsee-Wasserwerke existiert hätten, nicht zu besorgen genötigt gewesen sein. Denn damals existierte die Dreyssene noch nicht bei uns, diese fruchtbare, mitunter auch, wie der Tegeler Fall lehrt, furchtbare Muschel, welche jetzt mit ihren abgestorbenen Schalen solche Lager und Bänke bildet, dass wir sie, wenn wir nicht die Rüdersdorfer Kalkberge hätten, zum Kalkbrennen behufs der Mörtelfabrikation benutzen würden, wie dies in kalkarmen Gegenden Schleswig- Holsteins, Hannovers, Oldenburgs und Hollands mit Seemuschelschalen dem sogenannten „Schill“ noch heutigen Tages geschieht.
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